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das kulturelle überformat
Nr. 28 / 2. November 2009
#Interview mit Billy Childish
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dossier: Aussenseiter
Interview mit Billy Childish

Nein, das finde ich nicht. Art Hate existiert ja nicht wirklich. Art Hate ist sicherlich nicht zimperlich, es hat eine gewisse Bestimmtheit, eine Energie und eine Kraft. Aber es ist auch sehr würdevoll. Die Leute verwenden Kunst als eine beiläufige Annehmlichkeit, und das verachte ich. Ich verachte also die Handlung, das ist kein persönlicher Hass. Das ist ein bisschen so wie mit meinem Song «We hate the fuckin’ NME» (aus Thee Headcoats, «The Messerschmitt Pilot’s Severed Hand», 1998). «Ich scher mich einen Dreck um den NME» wäre wahrscheinlich der treffendere Titel gewesen, aber das hat nicht die spielerische Energie, die das Ding braucht um zu laufen. Man muss Ideen ein bisschen was zum Greifen geben, damit sie amüsanter werden. Denn wenn alles nur unernst ist, ist es auch nicht amüsant. Insofern kann Art Hate nur gut sein, wenn es eben Kunsthass heisst und nicht etwa Art Love oder Art Dislike. Und wenn ich schon so etwas wie Art Hate mache, dann wollte ich das auch gleich mit einem gehenkten Hakenkreuz illustrieren. In England verstehen diese Leute das nicht als das antifaschistische Symbol, als das es die Kontinentaleuropäer identifizieren würden. Sie sind nur ein bisschen verstört und verwirrt. Aber so ist das auch gemeint: Ich bin gegen kommerzialisierte Kunst, ich bin gegen den Schlafwandel unserer Kultur und unserer Gesellschaft. Wir lassen uns ständig hinters Licht führen, weil wir uns gern von Kultur und Musik, Drogen und Alkohol betäuben lassen.

Und das soll offenbar auch noch cool sein. Ich finde, das ist nicht der Fall. Alles, was ich tue, ist also zu sagen: Lasst uns doch wenigstens für eine gewisse Zeit wach sein.

Mir gefallen die kleinen Details in der Organisation Ihrer fiktiven Anti-Kunst- Bewegung wie etwa das über die Website bestellbare Armband der British Art Resistance, das laut Beschreibung dezidiert nicht im Einsatz getragen werden darf.

Ja, es ist dasselbe Armband wie das für den aktiven Dienst, aber es ist nicht erlaubt, damit auf Einsatz zu gehen. Man muss den Leuten vertrauen, dass sie sich daran halten werden. Das ist ja auch wieder ganz lustig, denn für Engländer sehen diese Armbänder irgendwie rechtsradikal aus, aber natürlich ist mein Armband dem der Local Defence Volunteers, also der originalen Home Guards nachempfunden. In der British Art Resistance leisten wir nämlich Widerstand gegen kulturellen Faschismus. Falls wir existieren (lacht).

Sie sprechen vom kommerziellen Diktat in der Kunst als kultureller Faschismus. Das ist eine ganz andere Welt als die deutschsprachige mit ihrem hermetischen Kunstdiskurs. In England laufen kunstsinnige Fernsehmoderatoren manisch mit offenem Hemdkragen herum, erzählen von der Schönheit und sondern zwischendurch