werden sie den Pariser Platz zu Helmut-Kohl-Square umtaufen, in Gedenken an unseren dicken Über- und Wende-Kanzler, der jetzt überall geschichtsschattenschwer wieder aufragt. Und mich wie einst nervt, mit seiner dicken Pfälzer Zunge und dem angeblich weichen Herzen fürs Volk, hinter welcher Gemütlichkeitsfassade sich nur allerkältestes Kalkül und Machtbewusstsein verbarg. Jedenfalls bin ich am Brandenburger Tor vorbei gefahren, wo ich schlecht gelaunt im Stau stand, nachts, fast am Morgen, auf dem Weg zu einer vom Kneipendienst abzuholenden Bekannten. Was stauen sie denn mitten in der Nacht, dachte ich. Es nervte kolossal.
Tags darauf, es tauchten die ersten Marmorjeans-Pulks auf der Kreuzberger Oranienstrasse auf, dachte ich: So fühlt es sich also an, wenn einem der Atem der Geschichte ins Gesicht weht. Es nervt.
Und jetzt werden da Typen wie Westerwelle und seine, sogar die FAZ hat lamentiert, inkompetenten und lustlosen Kumpane (kein Minister wollte irgendwie den jeweiligen Posten, den ihm das korrupte Feld zugeschoben hat; keiner hat gesagt: dann halt nicht) zur Feier antreten. Vielleicht fliegen ja wieder Eier wie damals auf Kohl, wonach dieser plötzlich die Contenance verlor in Dresden oder Leipzig, wo die Leute halt handfest die unverfrorene Lüge von den blühenden Landschaften einforderten, und er dann auf so ein Demonstrantenhascherl losging, mit seiner ganzen plusternden und rotgesichtigen Leibesfüllenmacht und einem Schirm. Gebändigt nur von einem der Bodyguards (oder dreien?), der unversehens vom Zottelkids-Boller zum Politikerwärter wurde.
Ach Fieber. Ich habe den wie immer schönen Rainald Goetz im Bett gelesen, den tollsten Sänger deutscher Sprache, der in «Loslabern», dem zweiten Teil des sechsten Zyklus, «und müsste ich gehen in dunkler Schlucht», wieder Sätze schreiben konnte, wie