Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 18 / 3. Oktober 2008
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
  4/4
gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

tausend Leute. Gegen Metallica, die für läppische zehn Euro auftraten (die noch dazu einem Kinderkrankenhaus zugute kommen), wollte dann wohl doch keiner auf die Strasse.

Auf der Strasse wiederum fallen die Blätter. (Ja, ein toller Übergang.) Herr, es ist Zeit. Deutscher Herbst, kalt, hart, nass. Wer jetzt keinen Schirm hat, kauft sich besser einen. Prompt verfilmt Bernd Eichinger via Regisseur Uli Edel den Baader-Meinhof Komplex, Terror-Action von 1967-77, dem sogenannten deutschen Herbst, der bleiernen Zeit. Das waren schon Rabauken! Immer schick im geklauten Porsche rumfahren, auf Autobahnschilder ballern und im palästinensischen Ausbildungslager die Brüste entblössen. Man kann dem Film nicht entgehen, selbst bei der Polit-Talkshow-Diva Anne Will ging es eine ganze Sendung lang zum Film, der als einzige Erklärung für die schlechte Laune der Protagonisten (und den späteren brutalen Realitätsverlust) einen Schahbesuch mit Gegendemo in Berlin am 2. Juni 67 findet, der mit der Erschiessung des Studenten Benno Ohnesorg durch einen Polizisten endet. Zweifellos ein zentraler Termin. Aber als Begründung könnte man auch mal schauen, aus welcher Zeit sich damals die mittelalten, staatstragenden Funktionäre, Anwälte, Ärzte und Hochschulprofessoren rekrutierten. Mir ist «Hellboy 2: The Golden Army» von Guillermo del Toro, der in diesen Tagen anläuft, auch eschatologisch* deutlich lieber als Eichingers Film. Bei «Hellboy» und seinen wütenden mythologischen Monstern sind kurz und bündig die Nazis schuld. Eichinger dagegen erklärt seine Action praktisch nicht. «Der Baader-Meinhof Komplex» ist nur ein Sequel zum grossen Hitlerevent «Der Untergang». Nur Bruno Ganz darf diesmal gewinnen.
Markus Schneider

 

 

 

Diesen Beitrag weiterempfehlen!























* Eschatologie: (griech.)
Lehre vom Endschicksal
des Menschen und der Welt