Bei den Sachbüchern ist es gar nicht so eindeutig. Sachbücher von amerikanischen und englischen Autoren nach Deutschland zu bringen ist oft auch sehr schwer, weil diese Autoren in den hiesigen Medien nicht präsent sind. Sie beherrschen die Sprache nicht, man kann sie also nicht zu Talkshows holen, man kann keine Lesungen organisieren, das ist bei einem Sachbuch, welches oft tagesaktuell ist, ein grosses Problem. Umgekehrt ist es natürlich noch grösser! Ein deutscher Sachbuchautor ist benachteiligt, nicht nur weil er die Sprache nicht kann, sondern auch, weil er hier ist und nicht dort. Wenn er sein Buch trotzdem auf Englisch schreibt, ist er immer noch nicht in London und bei den Medien präsent.
Wenn Sie die Büchermesse in London besuchen, gibt es da Sachen, die in England und Amerika populär sind, die aber im deutschen Markt keine Chancen haben?
Überhaupt keine Chance, das kann man fast nie sagen. Es gibt in jedem Genre Bücher die so gut geschrieben sind, dass sie über die Grenzen des Genres hinausgehen. Aber Tendenzen gibt es schon. Aus Amerika ist zum Beispiel in letzter Zeit ein Haufen Romane gekommen, die mit Familien zu tun haben und viele Generationen umfassen, sie spielen auf dem Land, oft im tiefsten Südwesten, weit weg, in den dreissiger Jahren, oder gar am Ende des vorletzten Jahrhunderts. Das sind sehr amerikanische Befindlichkeiten um die es hier
geht, die sich fast nicht übersetzen lassen. Das heisst – übersetzen schon, aber es gibt kein Publikum dafür. Auch in den Genres gibt es Entwicklungen. Drüben gibt es gerade wieder etwas mehr Cosy Crime – das sind die sympathischen Krimigeschichten mit netter Leiche und sympathischer Ermittlerin. Agathe Christie ist Cosy Crime, das kann man mit leichtem Schaudern vor dem Kaminfeuer lesen. Während in Deutschland derzeit brutale blutrünstige Serienmörder, Stalker-Typen mit psychotischen Motiven gern genommen werden. In Amerika geht der Trend gerade eher Richtung Supernatural, Vampir, Zeitsprünge, Time-Traps. Manchmal gibt es da eine Schnittmenge und manchmal nicht.
Neue britische Autoren liessen sich in den letzten Jahren grob in drei Kategorien aufteilen. Erstens sogenannte Chick Lit, zweitens AutorInnen zwischen zwanzig und dreissig Jahren, die über das Aufwachsen in der Multi-Kulti-Gesellschaft berichten, und drittens Kumpeltypen zwischen dreissig und vierzig, die ein Heroinproblem, einen Nervenzusammenbruch und eine Scheidung hinter sich haben. Wie lässt sich so etwas hier absetzen?
Irvine Welsh jedenfalls hat sich gut verkauft. Ich weiss aber nicht, ob viele andere das von sich auch sagen könnten. Überlegen Sie sich einmal – wie viele neuere englische Autoren haben sich auf Deutsch überhaupt noch durchgesetzt? Wenn man hart überlegt, kommt