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das kulturelle überformat
Nr. 10 / 4. Dezember 2007
#Interview mit Sebastian Ritscher, Literaturagent
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dossier: Übersetzungen
Interview mit Sebastian Ritscher, Literaturagent

Übersetzung zu tun, wenn die Rechte an einen deutschen Verlag vermittelt worden sind?

Nur im Fall von Problemen. Wenn ein Autor deutsch kann und die Übersetzung selber liest, oder wenn er einen Nachbar hat, der meint, er könne Deutsch – das kann zu Problemen führen, und dann bin ich oft der Troubleshooter. Manchmal gibt es Schwierigkeiten mit den Titeln. Hin und wieder muss man erklären, dass ein Titel auf Deutsch nicht die genaue Übersetzung des Originals sein kann, und das ist gar nicht so einfach.

Im Englischen gibt es geflügelte Worte, Metaphern und sogenannte «puns», die nur sehr schwer zu übersetzen sind. Gibt es Werke, von denen man als Agent lieber gleich die Finger lässt?

Nun, es gibt ein paar sehr gute Übersetzer, die den Stil und Geist eines Buches so übertragen können, dass es auf Deutsch eine Neuschöpfung ist, die sich so liest als wäre sie auf Deutsch geschrieben. Solche Leute sind sehr gesucht. Harry Rowohlt ist so einer. Einen Flann O’Brien zu übersetzen, so wie er es getan hat, ist eine hervorragende Leistung. Auf der anderen Seite muss man schon sagen, dass es Literaturformen gibt, die nicht übersetzbar sind. Lyrik zum Beispiel wird ganz wenig übersetzt, und auch dann nur, wenn der Übersetzer imstande ist, so zu arbeiten, dass ein eigenständiges neues Werk entsteht. Aber

der Grossteil der Bücher, die in meinem Büro im Gestell stehen, gehören nicht zu der Art von Büchern, die grosse übersetzerische Herausforderungen darstellten. Der Mainstream ist übersetzbar. Sachbücher auch.

Der literarische Austausch zwischen Deutsch und Englisch ist – das zeigt schon ein oberflächlicher Blick – sehr einseitig. Viel Englisches wird auf Deutsch übersetzt, praktisch nichts Deutsches auf Englisch. Wo sehen Sie die Gründe für diesen Einbahnverkehr?

Der naheliegende Grund ist wohl der, dass die amerikanische Kultur für uns insgesamt attraktiv ist und sich aus historischen Gründen über die ganze Welt hat ausbreiten können, stärker als die französische, italienische oder deutsche. Das hat wahrscheinlich mit dem Kolonialismus zu tun und mit dem Erfolg der Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg. Gerade in Deutschland ist das Bedürfnis seit dem Zweiten Weltkrieg sehr gross, die amerikanische Literatur zu lesen und zu kennen. Ich vermute allerdings, dass diese Faszination schon vorher da war. Man sieht es ja etwa am Erfolg eines Karl May. Ausserdem steckte die deutsche Literatur nach dem Krieg in der Krise. Die interessanten Schriftsteller waren tot oder sie lebten im Exil.

Gelingt es Mohrbooks oft, deutsche Autoren an britische oder amerikanische Verlage zu vermitteln?