Die Reifeprüfung eines grossen Pianisten
For me, music has always been the expression of a greater feeling that music…something that is too powerful to make notes out of. (…) I don’t understand an age where meanings dissolve and all we’re left with are names that last for a minute, where symbols don’t symbolize anything but a marketed product, where politics and money create greatness. I’m glad to have been alive during times when this was not true: when the market was not determining what food we wanted, then giving exactly what we wanted back to us, thus creating a dangerous loop, because in this vicious circle expectations are granted, not questioned or surpassed.
Keith Jarrett, 1999 (aus: A Little Essay on «Expectations», im CD-Booklet zur Wiederveröffentlichung 2000)
Um ein Vorurteil gleich von vorneweg aus dem Weg zu räumen: «The Köln Concert», jene Aufnahme aus dem Jahre 1975 mit Keith Jarrett alleine improvisierend am Flügel im Kölner Opernhaus, ist eine grossartige Platte. Sie ist nicht uncool (wie viele meinen), nur weil jeder halb-esoterisch veranlagte Student, die pädagogischen Vorgesetzten mit Alt-68er-Hintergrund oder wer auch immer, auch heute noch feuchte Augen kriegen, wenn sie den Maestro
hören, wie er da spielt und gleichzeitig mit seiner Stimme flennt, als müsste er Glenn Gould und sein Gegrunze mit einer Falsett-Variante konkurrieren. «The Köln Concert» ist trotz all diesem Getue und trotz des kommerziellen Status einer Pop-Platte ein herausragendes Stück Musik. Auch wenn die Mehrheit es als ihre Definition von Jazz im heimischen Plattenschrank halten: