Ist der ungünstige Vergleich mit den Amerikanern der Grund, warum die britische Musikszene lieber eigene Genres wie Trip-Hop oder Jungle hervorbringt anstatt vollwertigen Hip-Hop zu produzieren?
Sicher. Aber diese Ausweichtaktik hat auch etwas mit unserem Charakter zu tun. Rap ist ja eine sehr arrogante Musik, darin geht es viel um Selbstvermarktung. Aber wir Engländer bringen Arroganz nicht gut herüber. Komik und Verletzlichkeit liegt uns viel mehr.
Denken Sie immer so analytisch, wenn Sie über Musik nachdenken?
Ich tue dies bei meiner eigenen Musik kaum, denn ich peile mit ihr keine bestimmte Zielgruppe an. Mir geht es vielmehr darum, mich weiter zu entwickeln und die Lücken in meinem Werk zu schliessen. Darum wollte ich mit diesem Album etwas Zeitloses schaffen, so etwas hatte ich bis jetzt noch nie getan. Und dank dieser Entscheidung sind die neuen Songs nur so geflossen – weil ich aus einer völlig neuen Warte herausschreiben konnte.
Sie haben ja mal gesagt, jedes ihrer Alben sei eine Reaktion auf den Vorgänger.
Man muss neue Informationen aufnehmen und neue Standpunkte beziehen, nur so kommt man auf neue Ideen und Meinungen. Und was sind Songs schon anders als persönliche Meinungsäusserungen? Ich will
nicht immer gleich auf dieselbe Situation reagieren; ich möchte mich selber und so auch andere Leute überraschen, die meine Musik hören. Ideen auf eine Art und Weise kombinieren, wie das vor mir noch niemand getan hat, das ist schliesslich mein Job als kreativer Mensch.
Kreativ sind Sie allemal. In jüngeren Interviews haben sie schon das nächste Streets-Album in Aussicht gestellt.
Ja, und es wird eine Reaktion auf «Everything Is Borrowed» sein. Diesmal habe ich sozusagen den Werdegang der Menschheit abgehandelt, beim nächsten Mal will ich mich der Zukunft widmen, und die Musik soll dann entsprechend futuristisch werden. Wenn ich eine Platte fertig habe, mache ich mich immer gleich an die nächste, wobei ich mich zunächst mal in ein Thema hineinlese. Also werden die Bücher von George Orwell, H.G. Wells und J.G. Ballard in nächster Zeit meine Hauslektüre sein.
Das nächste Album soll angeblich auch das letzte von The Streets werden.
Das ist so. Aber es steckt kein grosses Drama hinter dieser Entscheidung. Mir ist einfach bewusst, dass das Projekt The Streets seine Grenzen hat, und dass ich mich nicht endlos wiederholen will. Dazu kommt noch, dass mein Plattenvertrag nach fünf Alben ausläuft, und ich als nächstes einen Film drehen will –