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das kulturelle überformat
Nr. 18 / 3. Oktober 2008
#Jacques Chessex
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literatur
Jacques Chessex

selbst die Zeitungen in Boston oder New York vom «Vampir von Ropraz». Chessex hat diese Geschichte recherchiert und wieder aufgenommen. Er, der 1934 in Payerne geboren ist, lebt seit 30 Jahren in Ropraz. Dort spricht man noch heute von Rosa und dem Vampir. Und in den kalten Nächten des Winters, lässt sich das Böse weiterhin im kalten Atem des Windes spüren.

Chessex zeigt mit diesem kurzen Buch – es ist nur 96 Seiten lang – einmal mehr, weshalb er der bedeutendste lebende Schriftsteller der französischen Schweiz ist. Mit einer Sprache, die die Furcht, den Aberglauben, das Hölzerne der von der Natur verwitterten Menschen stilistisch aufnimmt, taucht man als Leser in jene Zeit ein.

In diesen abgelegenen Landstrichen ist ein junges Mädchen ein Stern, der Verrücktheiten anzieht. Inzest und dumpfes Brüten, im zölibatären Schatten, des ewig begehrten und verbotenen Bösen. Der sexuelle Notstand, wie man später dazu sagen wird, gesellt sich zur umherstreifenden Angst und der Vorstellung des Bösen.
aus «Der Vampir von Ropraz»

In der Folge beschuldigt jeder jeden. Es wird getuschelt, gebetet und verflucht. Menschen werden an den Pranger gestellt, Knechte verhaftet. Doch die Grabschändungen gehen weiter. Immer junge, durch Krankheit verstorbene Frauen. Immer auf die gleiche Weise misshandelt. Am Ende wird man sich einig: ein verrohter, etwas zurückgebliebener Bauernjunge soll