playing the piano
Ryuichi Sakamoto
ra. In Europa lernte man Ryuichi Sakamoto in den Achtzigern als Kopf des Pop-Kollektivs Yellow Magic Orchestra kennen, bevor er dann mit Leuten wie David Bowie, Iggy Pop oder David Sylvian (siehe Porträt in dieser Ausgabe) arbeitete und sich auch als Filmkomponist einen Namen machte. Normalerweise erkundet Sakamoto das klangliche Spannungsfeld zwischen Elektronik und traditionellen Instrumenten – oft auch in Verbindung mit einer visuellen Inszenierung mit Video und Licht. Doch nun hat der 57jährige Japaner einige seiner bekanntesten Stücke neu für Solo Piano bearbeitet, darunter auch die unvergesslichen Filmmelodien zu «Merry Christmas, Mr. Lawrence» oder «The Last Emperor». Sakamoto entledigt sich dabei jeglichen Übergewichts und befreit die Arrangements vom orchestralen Bombast. Das Resultat ist einmal geprägt von melodischer Romantik, ein andermal von der harmonischen De- und Rekonstruktion. Eine Art Best of im Schwebezustand, ähnlich den kleinen textlichen Miniaturen, die in Tagebuchform im Booklet stehen. Ganz klar das Alterswerk eines Mannes, der in sich selbst die Ruhe gefunden hat. (Decca / Universal)
La Superbe
Benjamin Biolay
ra. Man muss es vorwegnehmen: «La Superbe» ist ein grossartiges, vielfältiges, abwechslungsreiches und einnehmendes Album. Kaum zu glauben, dass sich Benjamin Biolay auf seinem fünften Studioalbum und nach den bereits herausragenden «A l’origine» und «Trash Yéyé» noch einmal steigern konnte. Der Mann hat mit seinen 36 Jahren bereits Lieder für unter anderen Keren Ann, Henri Salvador, Juliette Gréco, Julien Clerc und Françoise Hardy geschrieben, die letzte Platte von Carla Bruni arrangiert und auch mit Ex-Ehefrau Chiara Mastroianni und Schwester Coralie Clément musikalisch zusammengearbeitet. «La Superbe» ist ein Doppelalbum von fast neunzig Minuten Länge, voll von melancholischen Balladen, Jazz-Anleihen, groovendem Grossstadtfieber und intimen Bekenntnissen. Es hätte auch «Gainsbourg» heissen können, so verwandt und als definitiver Nachfolger präsentiert sich Biolay mit diesen 22 Chansons. Wenn er etwa – wie in «Brandt Rhapsody», einem Duett mit Jeanne Cherhal – in wenigen poetischen Worten eine Beziehung in all ihren Dimensionen schildert, dann kann man wirklich nur noch den Hut vor der Lyrik dieses Mannes ziehen. (Naïve)