Love 2
Air
ra. Seit ihrem fulminanten Erstling «Moon Safari» von 1998 hat sich das Duo Jean-Benoït Dunckel und Nicolas Godin wie kaum eine zweite Formation am klanglichen Programm festgehalten, der ihr Bandnamen Air suggeriert. Elektronische Musik zwischen Ambient, Groove und der geschmäcklerischen Romantik, die Franzosen eigen ist. Vor allem letzteres hat sie zum coolen Hype werden lassen. Zwischen Seventies-Nostalgie und digitalem Zeitalter haben sie ihr Lounge-Zelt aufgeschlagen, in dem sie ihre luftigen Klangarchitekturen zu schwebenden Wolken verwandelten. Auf «Love 2» sagt zu Beginn eine Roboterstimme «The world is on the brink / The brink of our extinction» – und in der Tat hätte das Duo, das sich hier um den Drummer Joey Waronker verstärkt hat, ihr Album auch «Air Pollution» nennen können. Die in diesem Fall erwünschte Luftverschmutzung geschieht hier durch Funk und Gitarren, die das schwebende Raumschiff mittels pointiert und griffig eingesetzten Turbulenzen herausfordert. Air sind sich auch im elften Jahr ihres Bestehens treu geblieben, was allerdings nicht heisst, dass sie einen nicht mehr überraschen könnten. (Virgin)
Le cours ordinaire des choses
Jean-Louis Murat
ra. Seit Jahrzehnten gehört Jean-Louis Murat zu den festen und zuverlässigsten Grössen in der französischen Musik. Und doch bewegt er sich mit seiner konsequenten Haltung ausserhalb der Möglichkeiten eines wirklich kommerziellen Durchbruchs. Seine Musik ist von der Weite des amerikanischen Westens beeinflusst, derweil er in seinen Texten eine kaum französischere Haltung einnehmen könnte. Murat ist ein Individualist, dessen Lyrik ihre Kraft aus einer isolierten Selbstreflexion der künstlerischen Existenz bezieht. Sein aktuelles Album «Le cours ordinaire des choses» hat er in Nashville aufgenommen, um sich von nahmhaften Studiocracks den atmosphärischen Soundtrack zu seinen Bildern vertonen lassen. Bei Murat tun sich Weiten auf, allerdings dehnen sie sich gegen innen aus. Diese Art von atmosphärischer Rockmusik verbunden mit der zerissenen Seele eines Bohemiens der alten Schule ist zwar nicht chartsfähig, aber dafür einnehmend, hypnotisch und zeitlos. Gut zu wissen, dass es nach dem Tode Alain Bashungs noch einen gibt wie Jean-Louis Murat. (Universal)