«So wie es in der Literatur Gegenbewegungen zur zunehmenden Virtualisierung des Raumes gibt, etwa in einer Literatur der geographischen Genauigkeit, reagiert auch die Forschung. Beispielsweise indem sie die Bezüge zum Realraum ernst nimmt», sagt Piatti gegenüber TheTitle. In den letzten drei Jahren kartografierten sie und ihr Team die räumlichen Dimensionen von literarischen Texten, die in den Regionen Vierwaldstättersee/Gotthard, Prag sowie Nordfriesland spielen. Finanziert wurde diese Pilotphase von der Gebert Rüf Stiftung in Basel. Das neue Forschungsfeld, die Literaturgeographie, will dabei Antworten auf grundlegende Fragen geben: «Wo spielt Literatur und weshalb spielt sie dort?» Die Antworten sind alles andere als einfach, stimmen die realen und literarischen Orte doch oftmals nicht überein; in der Literatur ist der Raum lückenhaft, meist wird er nur angedeutet. Oft besteht jedoch ein Bezug zur Wirklichkeit, existierenden Orten und Landschaften.
Der Kartenausschnitt zeigt den Handlungsraum von «Albin Indergand» (1901), einem von Ernst Zahn verfassten historischen Bergroman. Drei für den literarischen Raum typische Merkmale sind hier in einer Karte visualisiert worden: Importierte Schauplätze ohne genaue Begrenzung (rot), eine transformierte Ortschaft (Wassen wird im Roman in «Anderhalden» umbenannt) sowie nicht lokalisierbare, fingierte Schauplätze (gelb, sich bewegend). Copyright: «Ein literarischer Atlas Europas», Institut für Kartografie, ETH Zürich; Basiskarte reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA071528)
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