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Hinter der Präzision lauert die Melancholie
«Ein Mann sollte immer gut zu seiner Frau sein», sagt ein junger Mann in Yasujiro Ozus letztem Film «An Autumn Afternoon». «Aber nicht zu gut», antwortet seine junge Begleiterin. «Es ist kompliziert, nicht wahr?», seufzt er lächelnd. Sie finden auch später nicht zusammen.
Ja, die zwischenmenschlichen Regeln sind nicht leicht, vor allem nicht in einer Gesellschaft des Übergangs, wie sie Ozu in der zweiten Hälfte seines Schaffens zeigte. Derzeit läuft gerade wieder sein wohl bekanntester Film in den Kinos, «Tokyo Monogatari» von 1955, in dem der japanische Regisseur ein älteres Ehepaar auf einer Reise zu den erwachsenen Kindern zeigt, die in einer hektischen modernen Gesellschaft mit ihrem Leistungsdruck und neuen Konsumanforderungen keine Zeit für die beiden Alten haben. Die milde Trauer des Films kommt jedoch weniger von dieser moralisch betrüblichen Geschichte. Sondern von der Vorstellung ihrer Unausweichlichkeit, vom Gleichmut, mit dem der Lauf der Welt konstatiert wird. «Tokyo Monogatari» ist sicherlich der zentrale Film dieser späteren Periode, die sich vor allem durch einen konsequenten Formalismus auszeichnet. Der Focus auf die Familie bestimmt auch die frühen Filme Ozus, allerdings legt er dort stärker den Akzent – schliesslich war er vom