Aus: «Corto Maltese» Anno 6 Nr. 4
April 1988, «L'uomo del sertão», S. 95


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das kulturelle überformat
Nr. 28 / 2. November 2009
#Hugo Pratt – Corto Maltese
  7/10
comic
Hugo Pratt – Corto Maltese

Lampiãos schillernder Charakter lässt sich in kein Schema, in keine Kategorie pressen. Clever und schlau, lebten er und seine Bande mit den Jahren jedoch zunehmend in einer irrealen Welt, in der es ausser Dauer-Delinquenz keine wie auch immer geartete Perspektive gab und aus der kein Entrinnen möglich war. Eine Welt, in die Pratts Corto Maltese perfekt passt. Ergo kommt der Kapitän sowohl im Band «Im Zeichen des Steinbocks» (1970), der teilweise in Brasilien spielt, als eben auch in der hier behandelten Story «L’uomo del sertão» mit Cangaçeiros in Berührung. Diese trugen übrigens stets eine einschlägige «Uniform»: einen verzierten Napoleonhut, bestickte Westen, Lederhosen mit Patronengurt, Stiefel. Im Verlaufe der Handlung erscheint auch Corisco, das mit Abstand brutalste Mitglied von Lampiãos Bande. Corisco, ein Säufer, hatte die Tabula rasa von Angicos überlebt und führte anschliessend den Rest der Bande. 1940 verlor er infolge einer Schusswunde einen Arm und wurde noch im gleichen Jahr zur Strecke gebracht. Das Zeitalter der Cangaço war vorbei. In Nordostbrasilien gab es nach der zunehmenden Erschliessung des Hinterlandes durch (Auto)Strassen keinen Platz und kaum mehr Rückzugsmöglichkeiten für abenteuerliche Cangaçeiros.   

Pratts Kurzgeschichte «L’uomo del sertão» beschäftigt sich in einer fiktiven Apotheose mit den Folgen der Vernichtung von Lampiãos Bande. Corto Maltese spielt einen mysteriösen Cangaçeiro, der in eine ebenso mysteriöse Liebesbeziehung mit einer jungen Frau verwickelt ist. Hier besonders eindrücklich und deutlich: Cortos Augen sind Hugo Pratts Augen, die