Francis Bacon gehört zu London, und London zu ihm, wie Mick Jagger, David Bailey und Michael Caine. Seine Tummelplätze sind Tummelplätze, die jeder Londoner mit einem Hang zum Bohémien und (zumindest geistigen) Wurzeln in den Sixties auch kennt – oder wenigstens gerade noch kennt: The French House, die Weinbar in Soho, wo sich die exilierte französische Résistance die Sorgen vom Leib trank; Wheeler’s, das Fischrestaurant an der multisexuellen Old Compton Street, wo man vor dem Sprung ins Bett ein paar aphrodisische Austern schlürfen ging; The Colony Room, der chaotische Künstler-Privatklub an der Dean Street, wo sich niemand um Konventionen, Gesetze und gute Manieren kümmerte; oder auch die Passfoto-Kabine in der U-Bahnstation von South Kensington, wo Bacon legendärerweise die Selbstportraits knipsen liess, um sie auf seinen Leinwänden malerisch zu verarbeiten.
Bacon steht für ein London auf der Kippe zwischen Nachkriegs-Kargheit und Sixties- Überschwang, zwischen East End-Ganoventum und West End-Kultiviertheit, zwischen schonungslos offener Selbstdarstellung und undurchdringlich chimärenhafter Selbstinszenierung, zwischen Akademie und Strasse. Sein Leben als Homosexueller begann in einem Grossbritannien, wo sich die gleichgeschlechtliche Liebe hinter allerhand Euphemismen und Signalen verstecken musste, weil sie noch gesetzlich verboten war, und endete mit seinem Tod am 28. April 1992 in einer Epoche, wo dem Ausleben jeglicher Sexualtriebe höchstens noch persönliche Hemmungen im Weg standen. All diese Gegensätze vereinte Bacon in seinem Leben, das er