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das kulturelle überformat
Nr. 18 / 3. Oktober 2008
#Francis Bacon
  10/10
kunst
Francis Bacon

in seiner ganzen Spannweite zu erleben, dessen Einzelstücke sonst in Museen, Galerien und Privatsammlungen auf der ganzen Welt verstreut sind. Schmunzelnd nimmt man dabei die kuriose Tatsache zur Kenntnis, dass auch FC Chelsea-Besitzer Roman Abramovich zu den Leihgebern gehört: sein vor Kurzem zum Rekordpreis von £ 43 Millionen erstandenes «Triptych, 1976» wird in drei Monaten nicht mit der restlichen Ausstellung um die Welt reisen, sondern wieder hinter den vier Wänden des Status-Symbol-bewussten Oligarchen verschwinden. Der Geist schreckt zurück bei der Vorstellung einer Dinner-Party russischer Geniessertypen, über deren Köpfen ein Gemälde mit einem düsteren, baconhaft verzerrten Mann mit einem Loch im Kopf und einer Blutlache beim Fuss wacht.

P.S.:
Wie es sich gehört für eine vitale Ausstellung, sind sich die Kritiker uneinig. Die New York Times spricht von einem «Landmark» und einem «Knockout» mit «fast perfektem Timing». «Der Hype, den ihn (Francis Bacon) höher hebt als alle anderen Maler des zwanzigsten Jahrhunderts, ist nicht gerechtfertigt», heisst es in Time Out, «aber was ihm an Schönheit und Sensibilität abging, machte er mit Originalität und Ehrlichkeit wett.» Ganz andere Töne schlägt Adrian Searle im Guardian an: Er wirft Bacon vor, oft selber zur Dekoration zu verkommen, ein manierierter und theatralischer Maler zu sein. «Bacon», so schliesst er, «war ein Pasticheur, ein Imitator. Am Schluss imitierte er sich selber. Es war eine Art Method Acting.» Die englische Times wiederum attestiert Bacon, der «grösste Künstler» zu sein, den Grossbritannien «in den hundert Jahren seit seiner Geburt» hervorgebracht habe.

Die Ausstellung Francis Bacon, Tate Britain London, dauert bis 4. Januar 2009. Weitere Stationen sind das Museo Nacional del Prado, Madrid (3.2. bis 19.4.2009), wo zum ersten Mal überhaupt eine Retrospektive Bacons stattfindet, der Stadt notabene, wo Bacon 1992 starb und die Heimat von Velazquez and Goya, deren Werke Bacon zutiefst bewunderte, und das Metropolitan Museum of Art, New York (18.5. bis 16.8.2009).

The Estate of Francis Bacon und BBC2 Arena ko-produzierten den Dokumentarfilm «Bacon’s Arena» von Adam Low aus dem Jahr 2005 (nominiert für den Emmy Award). Er kam letztes Jahr in die deutschen Kinos unter dem Titel «Francis Bacon Form und Exzess». Aus Anlass des 100. Geburtstag nächstes Jahr von Francis Bacon kommt davon eine DVD auf den Markt, die neben dem Film, der das gesamte Spektrum von Leben und Werk des zeitgenössischen Künstlers ausleuchtet, auch Bonusmaterial bereithält wie Interviews, Kurzfilme und eine interaktive Galerie mit ausgewählten Bacon-Gemälden.