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das kulturelle überformat
Nr. 27 / 15. September 2009
#Buch
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Buch

Bombel
Miroslaw Nahacz

ch. Viele grosse Schriftsteller sind auch Trinker. Charles Bukowski blieb dem Alkohol zeit seines Lebens treu, Joseph Roth becherte sich ins Elend, Wenedikt Jerofejew – der mit «Moskau-Petuški» den wohl berühmtesten Säuferroman schrieb – liebte Wodka mehr als Wasser. So auch Miroslaw Nahacz: Der Jungstar der polnischen Literatur trank bereits früh exzessiv (teilweise reinen Alkohol), bevor er sich 2007 im Alter von 22 Jahren erhängte. Nahacz’ ausschweifendes Leben spiegelt sich in seinem Roman «Bombel» wider, in welchem er den gleichnamigen Dorftrottel des Kaffs, wo er aufwuchs, tragisch-komische und alkoholvernebelte Monologe runterleiern lässt. Ohne Punkt und Komma schwatzt Bombel von Wein, Zigaretten und seinen Saufabenteuern, die meist im Delirium enden. Dabei ist jedoch kein pubertäres Frühwerk entstanden (Nahacz war 17, als er anfing, «Bombel» zu schreiben), sondern eine sprachlich ausgefeilte Tirade über die Hoffnungslosigkeit im postkommunistischen Polen.

Miroslaw Nahacz. Bombel. Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall. weissbooks verlag 175 Seiten. Hardcover, € 18,80 / CHF 33,90

Un Juif pour l'exemple
Jacques Chessex

ch. Das diesjährige Sommerloch bot in der Schweiz plumpe Geschichtskittung – und zwar en masse. Die Sendung «Alpenfestung», eine Reality-Show über das Leben der Schweizer im Zweiten Weltkrieg, huldigte den Mannen im Réduit und glorifizierte die Landfrauen, die ihren Dienst an der Scholle leisteten. Kein Wort über Hitler, Judenverfolgung, Tod und Elend. Wer der damalige Realität ohne Heldenepos nachfühlen will, dem sei Jacques Chessex’ neues Buch über den Mord am jüdischen Viehhändler Arthur Bloch 1942 in Payerne empfohlen: Von der Polizei geduldete Frontisten locken Bloch in einen Stall, erschlagen ihn, zerteilen die Leiche und versenken die Stücke in Milchkübeln im Neuenburgersee. Exemplarisch rollt Chessex in «Un Juif pour l’exemple» ein dunkles Kapitel Schweizer Geschichte auf, waren hierzulande doch längst nicht alle dem «Feind» abgeneigt. Das Buch des Waadtländers ist – gerade in Zeiten realitätsferner Alpenfestung-Reality – ein Muss.
Jacques Chessex. Un Juif pour l’exemple. Roman. Grasset. 103 Seiten. Pappband, € 11,90 / CHF 25.60

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