Wieso mögen Sie diese Distanz?
Ich beurteile mich weniger. Im Französischen finde ich alles komplizierter, es ist auch eine Sprache, die schwieriger zu singen ist. Es gibt wunderschöne Lieder, und gerade mein Vater war ein Genie der französischen Sprache. Aber neben seinen Liedern finde ich es schwer, grossartige französische Stücke zu finden. Mit englischen Texten muss ich zudem nicht immer mit meinem Vater in Verbindung gebracht werden – was ich zwar ohnehin werde. Wenn ich ein Stück für mich selbst finden kann, ist das Englische jedenfalls hilfreich. Was den russischen Teil meiner Herkunft betrifft (Serge Gainsbourg war Sohn russisch-jüdischer Immigranten), so fand ich ihn vor allem musikalisch stets sehr anziehend. Im Alter von etwa 16 habe ich mir viel russische Folklore- Lieder angehört, vor allem weil ich die Sprache liebe. Auch der jüdische Teil war mir eine Zeit lang sehr wichtig, und ich fühlte mich sehr verbunden sentimental mit jüdischen Liedern.
Wie entscheiden Sie, ob Sie in einem Song englisch oder französisch singen sollen? Ist der Klang oder der Rhythmus entscheidend, die Möglichkeiten des Ausdrucks?
Das ist schwer zu sagen. Wir haben das einmal ausprobiert bei einem Rap-Song, der nicht auf dem Album zu finden ist, weil ich ihn nicht so gut sang. Ich interpretierte ihn in beiden Sprachen; ich fand die englische
Version besser, die anderen aber die französische. Beim neuen Song «Voyage» verwende ich beide Sprachen passagenweise. Beck hat mich immer wieder gebeten, ihm die englischen Worte zu übersetzen, die ihm für diesen Song in den Sinn kamen. Ich denke, er liebte einfach den Klang des Französischen. Ich vermute, er hätte es gern gehabt, wenn ich noch mehr französisch gesungen hätte. Es war, als wollte er, dass ich meine Kultur und Herkunft nicht vergesse. Als ob er stolzer auf meinen Hintergrund wäre als ich selbst...
Wo liegt für Sie der Unterschied zwischen Film und Musik bezüglich den Möglichkeiten des Ausdrucks?
In der Musik kann ich viel persönlicher sein, der Ausdruck durchläuft eine Art von Poesie, schafft einen stärkeren Bezug zwischen mir und dem Text. Die Themen und die Emotionen werden mit der Stimme vermittelt, die an sich schon sehr persönlich wirkt. Im Film versucht man hingegen eine Art von Camouflage. Man verbirgt sich hinter dem Dialog, der Geschichte und der Situation von jemand anderen. Mit der Musik hingegen versucht man herauszufinden, wer man ist, über was man sprechen will, über Dinge, die einem nahe gehen. Anders ist auch, dass man beim Film vor einer ganzen Gruppe von Involvierten arbeitet, während man in der Musik auf sich selbst beschränkt ist. Das ermöglicht eine Intimität, die man bei Filmaufnahmen nicht finden kann.