Man braucht natürlich zum Reisen mehr Zeit, weil man ja nicht aufs Gammeln am Meer mit dem neuen, hoch amüsanten Thomas Pynchon, den man sonst nie zu Ende bekäme, verzichten mag. Aber – wie es bei den von mir gerade frisch belebten Britpoppern Saint Etienne heisst – man hätte doch das irgendwie ehrenvolle Gefühl, noch immer die «Side Streets» für den Heimweg zu wählen, auch wenn die Bürgersleute sich in der schlechten Gegend fürchten. So wie ja viele auch Angst vor Kreuzberg haben, wo man problemlos die Seitenstrassen nehmen kann, aber nicht unbedingt nachts durch den Görlitzer Park laufen sollte.
In Berlin hat sich dann gleich wieder der Winter mit breitem Hintern auf mich drauf gesetzt, worauf ich interessanterweise ganz euphorisch reagiert habe, mit Sport und Nörgelwirt und nachts herumstreunen und tags Platten kaufen – «got cash in my pocket to last the weekend» eben. Das soziale Gefälle scheint allerdings mittlerweile auch im Klima manifest zu werden. Auf einer Musikeinkaufstour von Kreuzberg über Schöneberg nach Mitte und zurück regnete es Katzen und Hunde auf die grauen Sozialbauten in den sozial schwachen Gebieten, während sich die Besserverdiener in Mitte auf den Bärenfellen vor ihren warm flackernden offenen Kaminen und prachtvollen Panoramafenstern über dichtes, romantisches Schneegestöber freuen konnten.
Ich fand meine eigene Existenz vor diesem Hintergrund ein wenig überdeterminiert, während ich auf meinen Kreuzberger Prekariatskirchplatz vor dem Fenster hinaussah und das schöne, im Sommer wiederentdeckte Siebzigeralbum «Pacific Ocean Blue» von Beach Boy Dennis Wilson hörte, das ich in der Tripelausgabe in Pazifikozeanblau erstanden hatte. (Dieser Wilson übrigens, der die Kreativposition nach dem Verrücktwerden Brians übernommen hatte, war der einzige Beach Boy, der surfen konnte.) Es passte, trotz