Im Frühjahr hatte ich die Chance, mit dem schottischen Medienanarchisten Bill Drummond zu reden, und das Telefoninterview liess mich mit einer Glaubenskrise zurück. Drummond, der Initiator des programmatisch betitelten No Music Day, begründete die Redundanz des Tonträgers im Download-Zeitalter so einleuchtend, dass ich mich seither von meiner Plattensammlung regelrecht erdrückt fühle. Die Versuchung, mich der über Jahre zusammengetragenen CDs, LPs und DVDs zu entledigen, ist beinah unerträglich. Und da meine Lieblingsplattenläden («Roxy Records» in Basel und «Rock On» in Zürich) 2009 ihre Pforten geschlossen haben, fehlen mir die Pilgerstätten, wo ich meinen lang gehegten Glauben an den intrinsischen Wert der Recorded Music wiederbeleben kann. Ohne die physische Gemeinschaft mit anderen Musikfans frage ich mich, ob die langen Stöberstunden (insgesamt muss ich Jahre in Plattenläden verbracht haben) nicht verlorene Zeit waren. So schnell können unverrückbar geglaubte Überzeugungen ins Wanken geraten: Diese Erkenntnis hinterlässt ein mulmiges Gefühl – besonders dann, wenn man sie auf Politik und Gesellschaft anwendet.
Grosse Alben:
Muse: «The Resistance»
Céu: «Vagarosa»
Archive: «Controlling Crowds Parts I – IV»
B°Tong: «Hysteria»
Yeah Yeah Yeahs: «It’s Blitz!»
Mitreissende Konzerte:
George Clinton, Messe Basel
Primal Scream, Abart Zürich
Faith No More, Greenfield-Festival Interlaken
Ry Cooder / Nick Lowe, Kongresshaus Zürich
Yo! Majesty, Rote Fabrik Zürich
Lang Nachgetrauerte:
J.G. Ballard
John Martyn
David Foster Wallace
Berührende Autobiographie:
William Shatner & David Fischer: «Durch das Universum bis hierher»
Eindrückliche Interviews:
Stewart Copeland
Tori Amos
Richard Curtis
Fiktive Heldin:
Lisbeth Salander