Natürlich gab es in diesem Jahr mit dem Tod Michael Jacksons ein Ereignis, das alle anderen im Pop (und sogar unsre neue ultramoderne und knallhart neoliberale Frauen-/ Schwulenregierung) überlagerte. Man sagt, die Kindheit endet, wenn die Eltern sterben. Vielleicht könnte man ebenso behaupten, die Teens sind vorbei, wenn die Teenidole sterben. Was auch eine schöne antibiologistische Wendung beschriebe, weil man damit eben dem Teenager entwachsen könnte, ohne deswegen gleich erwachsen zu werden (und umgekehrt). In jedem Fall wird Jacksons Tod für viele ein existenzieller Einschnitt gewesen sein, die sich nicht von Hendrix, Lennon oder Cobain (oder gar Dylan, Morrissey oder Prince) durch die Adoleszenz haben führen lassen. Doch als Event litt Jacksons Tod ein wenig an den Fünfzigerfeiern im Jahr davor. Was gar nicht so zynisch gemeint ist, wie es sich vielleicht zunächst anhört: Es blieb nur nicht mehr viel zu würdigen und zu kontextualisieren. Vielmehr betrachtete man eher die Abwrackung des im Jahr zuvor noch wegen seiner gravitationsüberwindenden Frühachtzigerverdienste Gewürdigten. So konzentrierte man sich auf die psychischen Herausforderungen, die Spinnereien und die – in der ersten massiven Wiederbelebung, dem höchst mittelmäßigen Dokfilm «This is it» – sichtbare physische Klapprigkeit, die seine weitgehend erhaltene tänzerische Eleganz an ihre Grenzen führte. Exemplarisch verludert immerhin die Reaktionen einiger Familienmitglieder und der prominenten Trauergemeinde, die aus dem pietätvollen de mortuis nil nisi bene eine besonders perfide Form der Schamlosigkeit gewinnen konnte.

Musik (Konserve)
Speech Debelle: «Speech Therapy»
David Sylvian: «Manafon»
Moritz von Oswald Trio: «Vertical Ascent»
Prefab Sprout: «Lets’s change the world with music»
Dirty Projectors: «Bitte Orca»
Girls: «Album»
Antony: «The Crying Light»
Sunn O))): «Monoliths and Dimensions»
Grizzly Bear: «Veckatimest»
Doom: «Born Like This»

Musik (live)
Grace Jones, Tempodrom, Berlin
Jon Hopkins, Skuespilhuset, Kopenhagen
Flying Lotus, Berghain, Berlin
Sunn O))), Volksbühne im Prater, Berlin
Notwist mit Andromeda Mega Express Orchestra, Kölner Philharmonie


Kino
Jim Jarmusch: «The Limits of Control»
Quentin Tarantino: «Inglourious Basterds»
Clint Eastwood: «Gran Torino»
Michael Haneke: «Das weisse Band»
Danny Boyle: «Slumdog Millionaire»