Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 27 / 15. September 2009
#Interview mit Paddy McAloon, Prefab Sprout
  6/9
musik
Interview mit Paddy McAloon, Prefab Sprout

Meine Mutter kam aus einer kinderreichen Familie, wo nur die Buben eine Bildung geniessen konnten. Sie war Hausfrau. Beide spielten sie Klavier, sie waren Autodidakten. Platten hatte wir nicht so viele, einige Liberace-LPs und Sachen wie «King of the Instruments». Einmal habe ich meinen Vater gefragt, welches seiner Meinung nach der beste Song aller Zeiten sei. Zu meiner Überraschung nannte er ohne zu zögern «Stardust» von Hoagy Carmichael. Er war in den 50er Jahren in die USA gereist und hatte Hoagy live erlebt. Es war eine merkwürdige Wahl, denn das war keineswegs ein leichtes Stück Musik – es war ursprünglich eine Jazz-Improvisation gewesen, zu der man eine recht komplexe Melodie hinzufügte. Aber das wusste ich damals alles noch nicht.

Was Prefab Sprout von Anfang an abhob von den anderen Bands der New Wave-Zeit war die Tatsache, dass in der Musik nicht die geringste Spur von Punk herauszuhören war. Waren Sie nie ein Punk? Haben Sie nie eine Phase gehabt, bei der Sie die Werte Ihrer Eltern einfach komplett abgelehnt haben?


Nein. Ich habe zwar vollkommen verstanden, warum es Punk brauchte. Warum das tote Holz weggeräumt werden musste – all die englischen Bands, die klingen wollten wie die Eagles, oder gar die Eagles selber! Ich war jung genug, dass ich das zu schätzen wusste.

Auf der anderen Seite war ich vollkommen davon überzeugt, dass die allerwenigsten Platten, die 1977 herauskamen, einen bleibenden musikalischen Wert hatten. John Lydon, ja, der war sehr gut, aber mir hat Public Image Limited besser gefallen als die Sex Pistols. Er war nie Teil des Haufens, er war immer ein Exzentriker. Van der Graaf Generator waren eine von seinen Lieblingsbands, daraus machte er kein Hehl – es war ihm egal, was man von ihm hielt. Gerade regen sich viele Leute in England auf, weil er am Fernsehen Werbung für Butter macht. Hallo, Leute, habt ihr es immer noch nicht gemerkt? John Lydon ist nicht einer wie ihr, er gehört nicht zu euch!

Welche Musik hat Sie geprägt?

Ich wuchs mit Pop auf. Mit T.Rex. Von T.Rex aus habe ich mich vorwärts, rückwärts und seitwärts gearbeitet. Von T. Rex zu Stravinsky und Schönberg und Blues und Beatles. Endlos habe ich damals «Ride a White Swan» abgespielt. Viel später gestand mir meine Mutter, dass sie sich damals echte Sorgen gemacht habe, als ich wochenlang nichts anderes gehört hätte. Und ich muss zugeben, dass es mir wohl ähnlich ginge, wenn eine meiner Töchter derart versessen auf ein einziges Stück Musik wäre. 1977 habe ich «Aja» von Steely Dan gekauft. Nichts und niemand auf der Welt hätte mich von der