Gehe ich richtig in der Annahme, dass der Kernsatz von «Let’s Change The World With Music» dieser ist: «I’ve no time for religion / but doubt’s a modern disease» vom Song «God Watch Over You».
Um den Satz dreht sich alles. Auf der einen Seite kann man nicht an dieses Gott-Business glauben, auf der anderen braucht man zum Leben etwas, an das man glauben kann. Vielleicht ist dieses Etwas die Musik. Es ist eine poetische Idee, nicht wahr? Wenn es einen Gott gäbe, wäre Musik seine Stimme? Noch heute drehen sich viele meiner Songs um die Musik an sich. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es deswegen ist, weil es ein endlos spannendes Thema ist, oder ob es bloss die Faulheit eines Songschreibers ist, der zu viele Lieder schreibt und zu wenig neue Einfälle für seine Texte hat.
Das Album ist ursprünglich nicht erschienen, weil sich die Plattenfirma daran störte, dass darauf sehr oft das Wort «Gott» auftauchte. Dabei wurde es durchwegs als Metapher eingesetzt. Oder?
Ich bin – oder besser: ich war – mir sehr bewusst, dass das Wort «Gott» in einem Lied so viele Leute abstösst wie es anzieht. Ich erkenne die Reaktion bei mir selber, wenn ich Gospel-Musik im happy-clappy-Stil begegne. Als Schreiber muss man sich distanzieren können. Sogar von den Dingen, bei denen
man Gefahr läuft, sie selber zu glauben – und ich bin ja in einer römisch-katholischen Familie aufgewachsen. Persönlich sagt mir das Zitat von Graham Greene sehr zu, der auf die Frage, warum er zum Glauben zurückgekehrt sein, antwortete: «Ich fing an, an meinen Zweifeln zu zweifeln.» Mir ging es ähnlich bei der Lektüre von Richard Dawkins’s «God Delusion». Ich kann mit praktisch allen Aspekten seiner Argumente einig gehen. Letztlich aber muss ich immer wieder daran denken, wie man erst im 19. Jahrhundert überzeugt war, die Planeten bewegten sich nach einem fixen mechanischen Modell. Ich bin ein vernünftiger Mensch, ich bin ein zynischer Mensch, und ich denke, glaube ich, in ziemlich rationalen Bahnen. Aber es gibt für mich keinen vernünftigen Grund zu glauben, dass die Vernunft mir alles erklären kann. Woher zum Beispiel kommen die Lieder, die mir einfallen?
Wie sind Sie aufgewachsen?
Mein Vater führte eine Garage. Früher war er Mathematiklehrer gewesen, aber irgend einmal hat er das aufgegeben, um eine Tankstelle zu übernehmen. Vielleicht wollte er sein eigener Boss sein, vielleicht verdiente er mehr, ich weiss es nicht. Die Tankstelle befand sich in einem kleinen Nest, Witton Gilbert (Anmerk. des Autors: wo McAloon noch heute lebt). Sie war in einem alten Flugzeughangar aus dem Ersten Weltkrieg eingerichtet worden – dabei war das Nest viel zu klein für einen Flughafen.