Sommer nicht, während man drinnen lustlos in neu bestückten Federpennalen kramte. Diesen schönen Tagen da draußen, es haftet ihnen Herbst für Herbst etwas von letzten Tagen und damit ein Hauch von Weltende an.
Ich lebe zu gern, um solche Stimmungen nicht zu hassen.
Aber ich lebe auch zu gern in Wien, um mir die Stadt von solchen Stimmungen dauerhaft vermiesen zu lassen.
Meine Strategie liegt in der Kunst der kleinen Rückkehr. Das heisst, wenn ich wegen gewisser Nachforschungen etwa, oder um ein Konzert zu spielen, aufs österreichische Land oder in die inmitten des österreichischen Landes gelegene österreichische Kleinstadt muss, dann mache ich mir sehr bewusst, wie es dort ist. Dann stelle ich mir vor, dort zu leben, wo ich eigentlich nur Besuchs halber bin. Etwa in irgendeinem Kuhdorf, das zwar wie fast alle österreichischen Kuhdörfer von ungeheuer schöner Landschaft umgeben ist, aber bewohnt wird von argwöhnischen, neidigen Kuhbauern oder in den Tourismus umgestiegenen Ex-Kuhbauern, die jeden Fremden, den sie nicht sofort als zahlenden Gast einordnen können, mit Blicken ansehen, in denen schon der Homizid liegt.
Oder in irgendeiner Kleinstadt, die zwar wie alle österreichischen Kleinstädte einen possierlichen historischen Kern, ja vielleicht sogar eine uralte Stadtmauer hat, in deren Inneren aber die Geschäftsleute alle Jörg Haiders Nachfahren wählen und die Laternen in den grässlichen Fussgängerzonen von Anfang an ausstrahlen, dass man sich am besten an ihnen erhängt. Solche Gefühle lasse ich in mir ganz groß werden. Und dann, dann fahre ich nach Wien zurück. In unsere einzige Stadt.
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GELESEN
und
vertont
von
Ernst
Molden