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das kulturelle überformat
Nr. 27 / 15. September 2009
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

Woche ging er gegen den Abend hin auf den Zug. Scharfsinnige Beobachter im Bahnhof stellten fest, dass an dem Tag im gleichen Zug immer auch eine adrette gewisse junge Dame mitfuhr. Das heisst: Oberholzer im hintersten Wagen, die Dame im vordersten. Es ging nicht lang, bis sich jemand fand, der beobachtet hatte, wie Oberholzer und die junge Dame im Bahnhof Zürich beim Perron-Ende aufeinander warteten und Arm in Arm im städtischen Betondickicht verschwanden. Aber zurück nach England.

British Rail. Ich kann mich in den letzten fünfzehn Jahren – also ungefähr so lang, wie die englische Eisenbahn auf privaten Schienen rollt – an keine einzige längere Retourfahrt erinnern, wo beide Wege reibunslos abliefen. Gewaltige Verspätungen gehören zum Alltag: einmal wartete ich um 6 Uhr 30 auf den ersten Zug in den Norden. Um 6 Uhr 30 kam die Durchsage: «Der Zug hat leider 30 Minuten Verspätung, weil er zu spät aus dem Depot eingetroffen ist.»

Enervierend sind zudem die absurden Reservationsgepflogenheiten. So bekommt man mit jedem im Voraus gekauften Ticket auch einen reservierten Sitz in einem bestimmten Zug zugeordnet, selbst wenn man nicht mit diesem fahren will. Das hat zur Folge, dass im vollen Zug mancher Sitz ein Reservationsticket trägt und dann doch unbenützt bleibt. Und das wieder hat zur Folge, dass sich Passagiere ohne Reservation – davon gibt es immer noch bedeutend mehr als Sitze – ein Deut um die Zettel kümmern und sich einfach hinwerfen, dort wo es ihnen passt. Mit dem Resultat, dass man von Teenagern und ihren Eltern, die keinerlei Absicht haben, ihren Platz zu räumen, nur angefeindet wird, wenn man mit seiner legitimen Reservation daherkommt. Zuletzt geschehen als wir im Frühling zu viert von Chester nach Bangor in Wales unterwegs waren und dann halt eine Stunde lang zusammen mit verschwitzten Rugby-Fans im Korridor eingepfercht waren. Anyway. Zurück nach Durham und Paddy McAloon.