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das kulturelle überformat
Nr. 27 / 15. September 2009
#Interview mit Christoph Waltz
  5/9
film
Interview mit Christoph Waltz

Tarantino zu arbeiten?» Und das ist es, was an der Arbeit mit Tarantino so Spass macht – man muss sich genau überlegen, wieviele Bedeutungsschichten eine Szene hat, was genau sich hinter der Fassade des Dialoges auch noch abspielt, welche Details unbedingt beachtet werden müssen. Wenn man diese Stränge auseinanderreisst wird die Arbeit erst richtig interessant.

Welcher Aspekt bei der Rolle des Oberst Landa hat Sie am meisten interessiert?

Die geistige Mobilität. Da muss man als Schauspieler absolut mithalten, um der Rolle gerecht zu werden.

Was war das für ein Gefühl, als Sie zum ersten Mal diese beeindruckende Uniform anzogen?

Es ist echt interessant – diese Frage taucht immer wieder auf. Das zeigt, welche faszinierende Wirkung von Uniformen ausgeht. Das wussten die Nazis sehr gut. Meine Uniform wurde mir von einem polnischen Schneider auf den Leib geschneidert. Bei mir kommen allerdings doch keine metaphysischen Gedanken auf, wenn ich ein Kostüm anziehe. Man sitzt höchstens ein bisschen grader da, weil die Uniform so geschnitten ist. Es kommt eben aufs physische Detail an.

Üblicherweise sind Filme, die sich mit den Nazis beschäftigen, um historische Genauigkeit bemüht. Darf man denn über die Nazis lachen? Wie glauben Sie wird man in Deutschland auf den Film reagieren?

Meine Perspektive ist da leicht anders. Ich VERACHTE all diese Filme, die uns glauben zu machen versuchen, dass sie die Wahrheit erzählen. Sowas finde ich absurd und ganz und gar nicht zum Lachen. In meinen Augen ist es vollkommen verlogen zu sagen: «wir wollen ganz besonders jungen Leuten zeigen, wie Hitler als Person wirklich war.» Erstens stellt sich mir da die Frage: WARUM? Zweitens möchte ich wissen, ob das junge Publikum wirklich wissen MUSS, wie Hitler als Mensch gewesen ist – und: was hilft es ihnen, dies allenfalls zu wissen? Und: kann man das wirklich als einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Materie bezeichnen? Ich könnte eineinhalb Jahre drüber reden, wie das eben genau ein UNverantwortlicher Ansatz ist. Was soll man aus einem solchen Film für Schlüsse ziehen? «Wissen Sie, die Nazis waren tatsächlich auch Menschen.» Das WISSEN wir doch schon! Das ist doch nichts anderes als ein fauler Trick, unser Gewissen zu beruhigen: «Ja, wir stehen auf der richtigen Seite!» Es ist politisch korrekter Unsinn, der uns erlaubt, keinen neuen Weg finden zu müssen, um mit dieser Sache konstruktiv