«Ich glaube, im Jahr 2000 wird so ziemlich jeder ein Singer/Songwriter sein», schrieb der zeitgeistprägende englische Radio-DJ John Peel, selig, auf dem Cover der 1973 erschienen LP «Fair Warning» eines gewissen Mike Maran. Weiter: «Es gibt ja schon jetzt mehrere hundert tausend LPs von sensiblen Boys und Girls mit kleinen Gitarren, die bis ins kleinste Detail den Inhalt ihrer Köpfe und die Triebe ihrer Lenden dokumentieren zu müssen glauben...» (selbstverständlich fand Peel, dass die besagte LP durchaus eine Anschaffung verdiene). Aber kurze Zeit später begannen harte Zeiten für die Singer/Songwriter. Peels Sarkasmus betreffs «sensibler Boys und Girls» zeigt deutlich an, wo das Problem lag: zu wenig Innovation, zu viel Abklatsch, zu einspurig die Themen.
Punk gegen die Nichtssager
In den siebziger Jahren, vor der Punkwelle und der grossen Flut an Independent-Labels, bestimmten die grossen Plattenfirmen das Geschehen auf Plattentellern wie Konzertbühnen: sie setzten auf Stadionrock, Pomp und Show. Wenn bei ihnen Singer/Songwriter noch zu Wort kamen, waren es gewöhnlich die höflichen Typen mit schönen Worten, die nichts zu sagen hatten, oder Bruce Springsteen, der sich das dubiose Gefühl von der gewölbten Brust röhrte, das Sprachrohr der amerikanischen Arbeiternation zu sein, und mit seinem rockigen Sound perfekt in die Stadions passte.
Dann kamen die Punks, und sie nahmen die Ersatz-Sensibilität der gängigen Singer/Songwriter zu Recht ebenso aufs Korn wie all die megalomanischen Rockarten jener Zeit. Mir ihren rotzigen Tiraden verfolgten sie das Ziel, Falschheit und Fast-Food-Musik zu vertreiben – und schlugen gerade mit ihrer Pöbelhaltung eine echte Bresche für Individualität und sensiblen Selbstausdruck, welche die Domäne der Singer/Songwriters gewesen war. Aber die bevorzugte Ausdrucksform der Punks und später der New Wave war die kommunale Äusserung im Rahmen einer Band. Es gab natürlich Ausnahmen. Tom Waits, Jeff Buckley und Morrissey zum Beispiel.