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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Jeff Tweedy und Wilco
  4/5
dossier: Singer/Songwriter
Jeff Tweedy und Wilco

unüberhörbar in einem dem Erwachsenen-Rock der Siebziger entliehenen Stilmittel nach, nämlich der zwei- bis dreistimmigen Gitarrenlinie, auch «Tandem-Gitarre» genannt. «Loose Fur war die erste Platte, wo die Tandem-Gitarre ihren Platz in meiner Musik eingenommen hat. Gemocht hab ich das aber schon immer», gibt Tweedy zu. «Thin Lizzy und Television sind nicht so weit voneinander entfernt, wie die Leute sich einreden. Beide Bands waren für mich sehr inspirierend.» Eines der Lieder, in dessen Ausklang die jaulenden Mehrstimmigkeiten eine besonders prononcierte Rolle spielen, ist das rätselhaft betitelte «Impossible Germany».

«Es begann als Gedicht», erklärt der Songautor. «Mir schwirrten die beiden Wortgruppen ‹impossible Germany› und ‹unlikely Japan› im Kopf herum, und ich hantelte mich davon zur Vorstellung weiter, dass Amerikaner sich in einer ähnlichen Situation wiederfinden könnten wie einst die Deutschen oder die Japaner. Sie könnten eines Tages aufwachen und sich fragen, wie sie es je so weit kommen lassen konnten. Wie konnten wir es so wenigen Männern erlauben, bei so wenig Verantwortung so viel Macht auszuüben? Gerade die Art, wie wir solche Phänomene immer von aussen betrachtet haben, hat das Einschleichen dieser Zustände bei uns ermöglicht.»

Je tiefer er sich in seinen politischen Exkurs hineinwagt, umso enger zieht Jeff Tweedy dabei seine Schultern zusammen. Eigentlich habe er ja selbst was gegen Musiker, die allzu grosse Worte im Mund führten. «Bloss weil ich den einen oder anderen Song geschrieben habe, den die Leute mögen, habe ich noch lange nicht mehr Durchblick als sonst jemand.»