am Rande der Musikindustrie. Die Leute, die bei mir anklopfen, wissen, dass ich mit einem Bein im Mainstream stehe und mit dem anderen aussen vor. Das bedeutet, dass sie auf meine Bekanntheit zählen können, ohne etwas von ihrem alternativen Nimbus abgeben zu müssen.
Auf der Webseite zu «American Mavericks» steht, dass Sie Philip Glass beeinflusst hätten. Auf welche Art und Weise?
Das wäre mir neu. Das einzige Mal, als wir länger über musikalische Vorstellungen debattiert haben, war im Zusammenhang mit «Days of Open Hand»: für den Song «Fifty – Fifty Chance» schrieb er mir ein Streicherarrangement und während unseren Diskussionen erfuhr er, dass der Song von einem wahren Erlebnis handelt. Für jemand wie Philip Glass, der sonst Opern über Gandhi schreibt, war das wirklich etwas Neues. Er wusste gar nicht, dass 80 Prozent aller Songwriter aus der eigenen Erfahrung heraus schreiben. Vielleicht habe ich ihn so beeinflusst. Er benutzt natürlich ganz andere Prozesse als ich: er bestimmt zuerst, wie lang ein Stück werden soll, und setzt dann dynamische Marken, und um diese Höhen und Tiefen herum, komponiert er die Musik. Es ist, als würde er ein Stück Tuch weben. Die Emotionen, die man in seinen Stücken zu erkennen glaubt, sind ihm völlig fremd. Er meint, die würden vom Zuhörer in die Musik hinein interpretiert.
Umgekehrt gefragt: wie hat er Sie beeinflusst?
Seine Arbeitsethik ist wirklich imposant. Ich traf ihn mal zufällig, nachdem ich meinen alten Plattenvertrag mit A&M verloren hatte, und er fragte mich, wie es mir so ginge. Worauf ich ihm sagte, nicht so gut, ich hätte gerade keinen Plattenvertrag. Seine Antwort lautete: «Ist das nicht phantastisch, jetzt kannst Du ja so viel arbeiten wie Du willst, da redet Dir niemand mehr rein.» Im ersten Augenblick hat mich seine Reaktion überrascht, aber eigentlich war sie ziemlich inspirierend.
Vielleicht ist Herr Glass’ Arbeitsweise ja gar nicht so abwegig. Popsongs funktionieren ja auch nach gewissen strukturellen Regeln und Formeln.
Das stimmt, man arbeitet mit den Puzzlestücken Vers, Refrain und Bridge, die gut in gewisse Schemen reinpassen. Mir bereitet es grossen Spass, mit diesen Bausteinen zu jonglieren und dabei auf ganz neue Strukturen zu kommen. «Calypso» besteht beispielsweise nur aus Strophen, und «Luka» kommt auch ohne Refrain aus – was für einen grossen Hit eigentlich überraschend ist. Wobei «Tom’s Diner» ja auch eine Kuriosität ist, was die Struktur angeht.
Gibt es Songs, auf die Sie besonders stolz sind, weil sie die Regeln des Songwritings besonders clever unterwandert haben?