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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Interview mit Suzanne Vega
  4/9
dossier: Singer/Songwriter
Interview mit Suzanne Vega

Dort haben sie weniger bekannten Songwritern die Chance gegeben, selber Stellung zu beziehen.

Ich war damals in einer merkwürdigen Situation: die Journalisten aus der ganzen Welt haben mich über 9/11 und die Stimmung in New York ausgefragt, aber ich hatte keine Songs zu diesem Thema. Um diese Kluft zu schliessen, habe ich anderen Songwritern die Möglichkeit gegeben, ihre Gedanken auf Platte zu bringen, sozusagen als Antwort auf all die Fragen, die mir gestellt wurden. Und ich finde viele Songs auf «Vigil» auch sehr gelungen, wenn auch einige davon gar unvollendet wirken. Dafür sind sie aber richtige Zeitdokumente.

Da stimme ich Ihnen zu. Was zählt, ist dass eine Idee innerhalb einer gewissen Halbwertszeit umgesetzt wird, bevor sie sich verflüchtigt.

Manchmal ist es wichtig, einen Song schnell abzuwickeln. Aber vielleicht sind die Ideen, die sich schnell wieder verflüchtigen, gar nicht so gut, dass es sich lohnt, sie auszuarbeiten. Zündende Ideen bleiben über Jahre hinweg hängen, die warten darauf, dass man sich ihnen wieder widmet und sie zur Blüte bringt. Wenn ich mich mal dazu entschlossen habe, ein neues Album in Angriff zu nehmen, bin ich immer wieder überrascht, wie schnell ich mit der Arbeit vorankomme – eben, weil ich auf einen reichen Fundus an unverwirklichten Ideen zurückgreifen kann.

Vorausgesetzt, Sie finden die dazu nötige Ruhe. Schliesslich müssen Sie sich als alleinstehende Mutter mit allerlei Alltagsproblemen herumschlagen.

Das muss ich wirklich, mal muss ich mich um einen verstopften Abfluss kümmern, dann hat eine Gasleitung irgendwo ein Leck. Ich habe die Arbeit an «Beauty & Crime» bei mir zuhause begonnen, aber jedes Mal, wenn ich mit dem Tontechniker vor dem Computer sass, geschah etwas, dass uns aus dem Konzept gebracht hat. Mal waren es die Müllmänner, die vor meinem Fenster irgendwelchen Lärm verursachten, mal wurden die Katzen plötzlich krank, oder meine Mutter rief mich wieder an. Wir haben schliesslich den Fluchtweg angetreten und sind ins Heimstudio des Tontechnikers gezogen, an einen ungestörten Ort.

Sie haben zum ersten Mal Songs am Computer, genauer gesagt mit der Software «Garageband» geschrieben. Wie hat dies Ihren kreativen Prozess verändert?

Für mich war diese neue Arbeitsweise sehr befreiend. Ich habe nämlich einen sehr eklektischen Musikgeschmack und schere mich auch nicht darum, ob eine Band sehr schwierige oder gar «gute» Musik macht. Das hat immer wieder zu langen Diskussionen zwischen mir und meinen Musikern geführt, weil «gute» Musiker lieber komplizierte Sachen wie Steely Dan als die rudimentären Gitarrenriffs von Velvet Underground hören. Ich