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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Interview mit Suzanne Vega
  3/9
dossier: Singer/Songwriter
Interview mit Suzanne Vega

Siebzigern erlebt haben, aber es geht in gewissen Songs auch um Ground Zero, und wie wir mit  9/11 und seinen Folgen umgehen.

Nach 9/11 nahmen die Vereinigten Staaten das ungeliebte Kind New York an die Brust – was den New Yorkern nicht unbedingt genehm war. Wie steht es heute um die Beziehungen zum Rest der USA?

Dieser Nimbus hielt nur ein bis zwei Jahre an, denn in den übrigen USA hat 9/11 etwas von seiner Bedeutung verloren. Jetzt stehen das Hickhack zwischen den Parteien und die bevorstehende Präsidentschaftskandidatur im Mittelpunkt des politischen Geschehens.

Aber in New York ist das natürlich anders.

In der Stadt werden vor allem die lokalen Folgen diskutiert.  Beispielsweise wie die Denkmäler aussehen sollen, oder wie die Bauarbeiter immer wieder auf sterbliche Überreste der Opfer stossen. Ein bisschen Alltag ist auch in New York eingekehrt, aber die Stadt wird hier immer wieder an 9/11 erinnert: da reicht schon ein Polizeiaufgebot im Holland-Tunnel, eine Sicherheitswarnung in der U-Bahn oder ein tief fliegendes Flugzeug, und schon wird man nervös. Vor allem auch, weil wilde Gerüchte in New York sehr schnell die Runden machen. Das wonnige Gefühl der Sicherheit, wie dies vor 9/11 der Fall war, kommt nicht wieder.

Das heisst also, dass Ihr Song «Anniversary» auch sechs Jahre nach 9/11 noch aktuell ist.

Man kann 9/11 nicht einfach beiseite schieben, das ist ein Ereignis, das die Kultur noch jahrzehntelang prägen wird. Und weil mein letztes Album «Songs In Red & Gray» genau zwei Wochen nach 9/11 auf den Markt kam, kriege ich erst jetzt die Chance, mich richtig zu 9/11 zu äussern. Wobei es bei mir immer recht lange dauert, bis ich ein Erlebnis oder ein Gefühl richtig verarbeite. Mein zweiter Ehemann musste beispielsweise dreiundzwanzig Jahre auf eine Antwort auf seinen Heiratsantrag warten.

So lange haben sie auch wieder nicht gewartet, um 9/11 zu verarbeiten. Das Lied entstand ja bereits 2002.

Mir ging es darum, Wege zu finden, wie wir über dieses Ereignis hinwegkommen können. Damals wurde so viel getrauert, und dann kam noch der Tod meines Bruders Anfang 2002 dazu, da musste ich mich mit dem Gedanken auseinandersetzen, wie wir den 11. September sinnvoll markieren und weitergehen können, ohne immer über die eigene Schulter blicken zu müssen.

Mit dem Album-Projekt «Vigil» haben Sie ja schon 2003 zu dieser Vergangenheitsbewältigung beigetragen.