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das kulturelle überformat
Nr. 31 / 30. April 2010
#Interview Mark E. Smith
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musik
Interview Mark E. Smith

Verhilft Ihnen das Schreiben von Texten zu neuen Erkenntnissen über sich selber?

Nein.

Dient der Schreibprozess dazu, Meinungen und Perspektiven zu erkennen und auszuformulieren?


Das könnte ich auch nicht sagen, nein. Texten ist einfach verdammt harte Arbeit. Für mich hat die Musik Priorität. Die Worte müssen sich nach der Musik richten. Es wäre reine Zeitverschwendung clevere Worte zu schreiben und dann Musik zu verwenden, die blosser Unrat wäre. Das wäre weder der Band noch den Hörern gegenüber fair. Das bedeutet, dass ich viel mehr Zeit auf die Musik verwende als auf die Worte. Was ziemlich ironisch ist, da mich ja die meisten Leute für einen «lyric man» halten.

Ein bisschen wie bei im Fussball. Mittelmässige Spieler müssen sich intensiver mit ihrem  Spiel befassen, damit sie besser werden. Darum geben mittelmässige Spieler oft sehr gute Trainer ab. Sie haben schon immer genauer und länger über ihre Methoden nachdenken müssen.

Das ist sehr richtig. Sehr richtig! Genau – einer, der kein anständiger Musiker ist, muss sich mehr Mühe geben beim Musik machen.

Apropos Fussball – Sie sind ein lebenslanger Manchester City-Supporter. Was halten Sie davon, dass Ihr Klub nun plötzlich der reichste Klub in England ist?

Ich finde es lustig. Vor noch nicht so langer Zeit galt Manchester City als Abschaum des Nordens. Sie dürfen nicht vergessen, dass es im Umkreis von vierzig Autominuten rund um Prestwich, wo ich wohne, acht grössere Fussball-Klubs gibt. Von denen war City immer am knappsten bei Kasse. Bolton Wanderers hatten mehr Kohle als wir. In den 1960er und 1970er Jahren hatte sogar Stockport County mehr Geld als wir. Und jetzt ist City plötzlich der reichste Klub – dafür gibt’s echt keinen Vergleich. Aber ich bin seit fünfzehn Jahren nicht mehr an einen Match gegangen.

Früher war Fussball durch und durch ein Working Class-Sport. Fühlen Sie sich bestohlen, jetzt, da der Mittelstand den Sport übernommen hat?


In gewisser Weise schon. Aber ich kann mir den Gedanken nicht verkneifen, dass Fussball letztlich etwas für Kinder ist. Nichts gegen Kinder, aber Sie verstehen schon.

Sie gehen also nicht mit dem legendären Liverpool-Trainer Bill Shankly einig, der meinte, im Fussball gehe es nicht bloss um Leben und Tod, Fussball sei wichtiger?