Aus angloamerikanischer Perspektive wurde vor allem die kontinentaleuropäische Disco-Kultur gern von oben herab betrachtet.
Gregory: Seitens der Europäer aber auch. Das ist es ja gerade. Wenn man in Frankreich über Cerrone spricht, rümpfen die Leute gleich die Nase. Ich finde Cerrone grossartig, vieles, was er gemacht hat, war fantastisch. Oder so etwas wie «Yes Sir, I Can Boogie», wer hat das noch gleich gesungen? Diese zwei Mädchen... (Baccara, Anm. des Verf.)
Goldfrapp: Das war aber schon ein bisschen trashig.
Gregory: Aber es war gut. Und der Text war wirklich wunderbar.
Goldfrapp: Wir mögen natürlich auch den Humor dieser Musik. Diese Campness ist ein grosser Teil ihrer Attraktivität.
Die Phase, wo man solche Vorleben hinter einem Mäntelchen der Ironie versteckt hat, scheint aber mittlerweile vorbei zu sein.
Gregory: Ja, ich glaube, die Leute haben sich mit der Rehabilitierung von Abba aus ihrer Deckung herausgewagt. Jetzt haben wir Phänomene wie das Musical «Mamma Mia», und diese Musik ist wieder in die Mainstreamkultur zurückgekehrt.
Bei all Ihrer Liebe zum schamlosen Pop liest man aber auch, dass Sie bei der Aufnahme dieser Platte viel Suicide gehört haben.
Goldfrapp: Ich bin eben ein Fan von Suicide.
Die waren aber damals aber auch Welten vom Pop-Mainstream entfernt. Und sind es immer noch.
Goldfrapp: Wenn man Musik macht, kann man sich von sehr verschiedenen Dingen anregen lassen, die nicht unbedingt damit zu tun haben, was man selbst macht. Als Künstlerin findet man überall Dinge, die etwas in einem auslösen. Das kann die Farbe Ihres T-Shirts sein oder irgendein winziger kleiner Streichersound, der in irgendeiner Platte vorkommt. Man sucht ständig Dinge und nimmt sich seine Inspiration von überall her, das können die banalsten, alltäglichsten Dinge sein. Oder sehr poetische und dramatische Dinge. Irgendwas gibt es immer.
Gregory: Und die Meinungen, die man hat, ändern sich auch über die Jahre hinweg. Manchmal gibt es Dinge, die findet man einfach furchtbar. Nur um später draufzukommen, dass sie genial sind. Der eigene Geschmack ist eben auch eine bewegliche Zielscheibe.
Hören Sie sich denn je Ihre eigenen alten Platten an?