Mein Kumpel Simon, der Manager, der einst auch in Brian Enos Memoirenband muntere Erwähnung genoss, war nicht da. Stattdessen der hochaufgeschossene Sprenzel, der früher Gegenwartsmusik komponierte und mangels Einsatzmöglichkeiten eine Alternativbeschäftigung gefunden hatte. Er und auch die stupsnasige Maxi, die sonst als Theaterkritikerin unterwegs ist und hinter der Ladenkasse den Austausch mit dem Plebs geniesst, welcher für einen freischaffenden Schreiber im Zeitalter von Handy und e-Mail immer schwieriger anzuknüpfen ist. Die beiden bestätigten den Horror: Der «Kilburn Book Shop» würde am 31. März die Pforten schliessen.
Die nächsten Tage fühlten sich ein bisschen an, wie wenn ein alter Freund unerwartet gestorben wäre. Am Morgen beim Aufwachen der erste Gedanke: Oh, fuck! Beim Zeitungslesen plötzlich zwischen den Zeilen wieder diese vulgären «SALE»-Poster. Bei Sandwich und Teletext schliesslich die Frage: Was werde ich machen ohne den Laden?
Am letzten Samstag wanderte ich erneut die Kilburn High Road hinunter. Diesmal, im Wissen, dass mich am anderen Ende statt einer spriessenden Oase der Literatur ein ausgedörrter Hungerbrunnen erwarten würde, war es kein angenehmer Spaziergang. Auf einmal hat es in solchen Momenten überall Pfützen. Man sieht nur noch die lallenden Betrunkenen und die Tauben, denen ein Bein fehlt. Im übermütigen Geschrei der Teenager vor dem McDonald's hört man jetzt das Hohngelächter der Ignoranz. Und das sich seiner Knackigkeit nur allzu bewusste Mädchen, das legere die Kebabverpackung über die Schulter aufs Trottoir wirft, wird zur Verkörperung des Bösen.
Diesmal ist Simon da. Ich finde ihn bei den Kochbüchern. Man macht einen blöden Spruch, so wie man zur Begrüssung immer einen blöden Spruch gemacht hat. Aber Simon ist nicht zum