sind. Darum sein Konzept «The 17». Bei jeder Performance lässt er sich dazu eine neue Aufnahmeformel einfallen. Das Endresultat ist zumindest von der Form her immer das gleiche.
In Zürich sah die Sache folgendermassen aus. Ein Abend lang wurden Gruppen von je 17 Leuten in ein improvisiertes Aufnahmestudio geholt, wo sie fünf Minuten lang gesanglich immer das Gleiche machten. Einige mussten fünf Minuten lang ein A aushalten, andere ein C, wieder andere machten fünf Minuten lang hahaha, nochmal andere uuh, uuh, uuh. Mich traf die Ehre mit E. Am Schluss würde Drummond all diese Parts parallel nebeneinander setzen, um daraus ein genau fünf Minuten dauerndes Choralwerk zu machen. Um ein Uhr früh sollten wir uns in der grossen Tanzhalle 1 zur Premiere (und gleichermassen Derniere) einfinden. Vor zwei Stunden hatten hier Franz Ferdinand eine grosse Show hingelegt, jetzt gaben sich fünfhundert Techno-Fans den Freuden endloser BPMs hin. Ich befürchtete das Schlimmste, als punkt ein Uhr das Techno-Gewabber plötzlich verstummte, Drummond das Logo von «The 17» auf die Bühne schleppte und ein gespenstischer Choral anhob. Aber siehe da, kein Techno-Fan rannte davon, kein einziger! Im Gegenteil: aus allen Richtungen kamen noch mehr Leute herbeigerannt und drängten sich um die dunkle Bühne wie Nachtfalter ums Kerzenlicht. Nach fünf Minuten Geisterchoral herrschte erneut Stille – zwei Sekunden lang, dann kam der tosende Beifall. Drummond hatte unterdessen bereits den «Erase»-Knopf gedrückt. Wir werden unseren Chor also nie mehr hören können. Und garantiert werden wir, die dabei waren, ihn auch nie vergessen, selbst wenn es nachher noch eine lange, lange Nacht wurde. Quod erat demonstrandum.
Hanspeter Künzler
Unser Autor Nick Joyce hat Bill Drummond zum Gespräch getroffen und ihn zu seinen Theorien und Aktionen befragt. Hier geht es zum Interview »