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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
  3/5
gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

Springer Show mit ihrem Zirkus von selbsternannten Trailer Trash-Exhibitionisten (oder auch nur Schauspielern?). Jemand, der so spektakulär und schnörkellos seinen britischen Bildungsmangel und seine britische Dummheit an den Tag legte, war aber neu. Natürlich blieb dabei ein unangenehmer Nachgeschmack hängen: über Dummheit soll man ja nicht lachen, dafür kann einer nichts. Mangelnde Bildung ist auch nicht unbedingt ein Grund, jemanden auszulachen, denn wenn Eltern, Lebensumstände oder Schulsystem die Schuljahre eines Kindes verderben, kann dieses ja auch nicht viel dafür. Was das Auslachen von Goody indes zu legitimieren schien, war die Tatsache, dass das Wissen ob ihres eigenen Bildungsmangel weder ihren Exhibitionismus noch gar ihre Lebenslust irgendwie einzudämmen schien. Ganz im Stil eines Kindes, das mit allen Mitteln Aufmerksamkeit zu heischen versucht, selbst dann, wenn ihm die Aufmerksamkeit nur durch die Bestrafung von Missetaten zukommt, suhlte sich Goody in der einen Eigenschaft, in welcher sie sich von der restlichen BB-Truppe unterschied.  

Goody gewann ihre BB-Staffel nicht (dazu ging sie zu vielen Leuten auf die Nerven), aber es gelang ihr, eine beachtliche Fangemeinde um sich zu scharen. Auch diverse Boyfriends und ihre Mutter – Jackiey (sic); der Vater war an einer Überdosis verstorben – schalteten sich ins Geschehen ein, rundum mit ähnlicher Lautstärke und Garstigkeit, und so war Goody zum Star der eigenen Boulevard-Soap-Opera avanciert. Nun legte sie ein ungewöhnliches Selbstverkaufstalent an den Tag. Eine eigene TV-Show hielt nicht lang an, aber irgendwie schaffte es die Celebrity-Presse, jeder Unze ihres Party-Lebens seitenweise Material abzugewinnen. Wie das so üblich ist in Grossbritannien, wurde die Frage: «Ist Jade Goody eine blöde Ziege oder eine schlaue Eule?» in eine Klassenfrage umfunktioniert. Derweil sich gehobene Pub-Diskussionen gewöhnlich daraufhin einigten, sie sei schlichtweg nicht zum