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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Kolumne von Ernst Molden, Wien
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gedankengang
Kolumne von Ernst Molden, Wien

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Nachrichten aus der grossen Geisterstadt Wien (15)

Licht und Dunkel und Frühling im Café

Es gibt jedes Jahr einen Tag am Ende des Wiener Winters, der alles relativiert. An dem der Winter selbst oder sein unsichtbarer Sachwalter einen Schalter umlegt, der den Winter irgendwie ausknipst, wiewohl er noch dazusein scheint, kalendarisch, physikalisch, meteorologisch.

An diesem Tag verändert sich das Licht. Ein ähnlicher Effekt entsteht, wenn ich den Galgenständer meiner Schreibtischlampe um 20 Zentimeter über die Tischplatte lüfte, was ich in meinen Arbeitsnächten manchmal tue, um bei all der inneren und äusseren Dämmerung nicht im Sitzen einzuschlafen.

So lüftet der grosse Bestimmer da oben Mitte März den Galgenständer der Sonne; das Licht wird stärker, bestimmter, unabweislicher. Und von diesem Moment an geht es aufwärts. In uns. Wir nehmen alles nicht mehr so ernst. Den späten Eisregen. Unsere Stadtregierung. Die Krise, die, wie im letzten Beitrag besprochen, für uns eh nichts Neues ist.

Nein. Jetzt ist Frühling. Alle Zumutungen gelten nimmer für uns. Wir blinzeln. Das Licht ist fast zu hell. Sobald wir wissen, dass jetzt Frühling ist, gehen wir in ein dunkles Café. Etwa ins  Café Alt Wien. Ich geh ja oft am Café Alt Wien vorbei, aber hie und da, etwa an diesem lichtmässigen ersten Frühlingstag,  muss ich hinein.




Kolumne
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GELESEN
und
vertont
von
Ernst
Molden