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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
  2/5
gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

Ignoranz beruht – so ungefähr die komplexeste und satzzeichenreichste Schlagzeile in ihrer 44jährigen Geschichte auf den Titel gesetzt hat.

Die eigenartige Karriere von Jade Goody begann im Jahr 2002 mit der dritten britischen Big Brother-Serie. Wie die Produktionsleiterin der Sendung unlängst berichtet hat, war Goody schon in der ersten Runde für die Teilnahme an der Show ausgeschieden. Aber die Kandidaten mussten eh den ganzen Tag im Studio verbringen, und da fiel der Produktionsleiterin Goodys unglaubliche Lautstärke und ihr unmögliches Verhalten auf: gegen den Willen des restlichen Teams wurde sie ins Haus aufgenommen.

Ihr hysterisches Getue, ihr irrationales Geschwätz und vor allem ihre atemberaubend idiotischen Sprüche führten dazu, dass die Einschaltquoten in die Stratosphäre schnellten. Saddam Hussein sei ein Boxer, verkündete Goody, Sherlock Holmes der Erfinder der Toilette und Mutter Teresa sei in Deutschland tätig. Sie wusste nicht, dass man in den USA englisch spricht, dass Cambridge kein Vorort von London ist, dass sich die Grafschaft East Anglia in England befindet, und dass Rio de Janeiro kein Fussballer ist. «Was, die reden in Portugal portugiesisch?» fragte sie einmal: «Ich dachte immer, Portugal liege in Spanien!» Man hatte ein mulmiges Gefühl, wenn man in seinem Sofa hing und plötzlich Zeuge einer dieser entlarvenden Statements wurde, die dann am nächsten Tag auch noch in den Zeitungen in aller Form breitgewalzt wurden.

Der «grösste» Goody-Moment war eine besoffene Strip-Quiz-Runde, bei der die 22jährige Frau schliesslich splitternackt da sass und quietschte: «Ich kann’s nicht glauben, ich habe der ganzen Nation mein Kebab gezeigt!» – derweil kein anderer Teilnehmer mehr als bloss ein paar Socken verloren hatte. Goody war personifiziertes «Car Crash Television». Auch die Briten kannten natürlich die Jerry