Heimwehs ist nicht zu unterschätzen! Zum Beispiel hätte ich gerade jetzt wahnsinnig Lust auf ein rechtes Curry, und das gibt es weiss Gott im schönen Zürich nicht.
Auf die Sache mit dem Pendeln und dem Heimkommen bin ich nicht nur darum gekommen, weil ich bald die Koffer packen muss. Ich bin darauf auch gekommen, wegen Sophie Hunger. In Zürich sind sie ja gerade ganz verrückt nach Sophie Hunger. Freundliche Umstände und eine freundliche Einladung sorgten dafür, dass ich mich gestern Abend im Kaufleuten einfand, um mir live vorführen zu lassen, was die Zürcher gerade so in kommunale Ekstase versetzt. Schon die Räumlichkeiten waren ein Kulturschock. So richtig elegant, mit Kronleuchtern, Holztäfer und gehobenem Lokalbier (Ittinger). In London wären die Kronleuchter längst heruntergeballert worden, das Täfer mit Messages an die Geliebte vollgekratzt, und das Bier wäre ausschliesslich aus dem Haus des Sponsoren, Carlsberg, Carling oder so, gekommen. Dann der Auftritt selber. Ich hatte Hunger schon einmal erlebt, vor knapp zwei Jahren am M4Music. Schon damals war es offensichtlich, dass ihre Lieder andere Wege nahmen, als man sich gewohnt war im Genre Singer/Songwriter. Aber sie verspielte etliche Sympathiepunkte, als sie das Schwätzen im Publikum mit Stämpfeln und beleidigter Leberwurst-Haltung quittierte. Ein rechter Londoner Profi weiss natürlich, dass er für das Geschwätz im Publikum selber verantwortlich ist, sprich: er hat zuwenig Präsenz.
Gestern nun aber war das alles ganz anders. Hunger erwirkte nur schon mit ihrer Präsenz absolute Stille, selbst wenn viele Zuschauer sie gar nicht sehen konnten, weil sie mit ihrer Gitarre auf einem niedrigen Stühlchen sass statt auf einem Barhocker, und weil ihr Klavier so weit links am Bühnenrand stand, dass sie praktisch hinter dem Vorhang verschwand, wenn sie sich dahintersetzte. Bemerkenswert – und bemerkenswert stimmig – war die Zusammensetzung der Band: als Lead-Instrument waltete