jenseits der Klischees. Ganz zu schweigen von Querschlägern wie dem Saxophonisten Lol Coxhill: als dieser im Zürcher Volkshaus das Vorprogramm der Hippie-Truppe Quintessence bestritt, ging das Hupen seiner zu dritt gespielten Saxophone den Securitas-Wächtern derart auf den Keks, dass sie ihn unter ihre Schultern packten und durchs Publikum hinaus auf die Strasse trugen. Seit vierzig Jahren versuchen immer wieder neue Musikergenerationen, Jazz und Rock einander näher zu führen. Was dabei auffällt ist, dass sich die Rockszene beim Jazz zumeist nur melodische Elemente ausgeborgt hat, während die Jazzer Rockeinflüsse oft nur zum Anlass nehmen, ihre Rhythmen zu vereinfachen. Bands wie Grateful Dead haben bekanntlich die Kunst der Improvisation erfolgreich in den Rahmen ihres psychedelischen Rock übersetzt. Ansonsten sind die stundenlangen Soli, mit denen uns selbstverliebte Jazz-Rocker in den siebziger Jahren das Leben beträchtlich erschwerten, längst wieder den Zehnsekunden-Soli gewichen, mit denen schon Chuck Berry seine Lieder auflockerte. Dennoch ist es überraschend und auch ein bisschen enttäuschend, dass die Rockszene, die sich ja für unglaublich abenteuerlustig hält, sich in den letzten Dekaden so selten den aufregenden Anstössen bediente, die gerade in den freieren Formen des Jazz zu finden wären. Und wenn sich einmal eine Band in solche Gefilde vorwagte, war ihr ein Mauerblümchendasein fast sicher.
Die «Unverbesserlichen»
Ein unverbesserlicher Pionier in Sachen Improvisation ist zum Beispiel Robert Fripp, der mit King Crimson einst die archetypische Progressive-Rock-Band führte (eine der wenigen alten Prog-Rock-Bands übrigens, deren Musik auch mit dem Ohr von heute noch zu geniessen ist, ohne dass man partout die Nostalgie bemühen müsste). Heute verlegt Fripp seine Musik grösstenteils selber. Der ultrafleissige New Yorker Komponist und Saxophonist John Zorn geht seit den Siebzigern konsequent seinen eigenen Weg und verlegt die Erzeugnisse seiner eigenen Muse und auch die