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das kulturelle überformat
Nr. 10 / 4. Dezember 2007
#Interview
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dossier: William Friedkin
Interview

Statements abgeben. Es braucht ja nicht mich, um zu verkünden, dass die Regierung mit dem Verstand der Menschen spielt. Das wissen wir ja bereits. Eine Regierung ist in erster Linie dazu da, sich selbst zu erhalten. Nehmen Sie Fidel Castro. Ein anständiger Mann, der die Welt zum Guten verändern will, eine Revolution startet und am Ende als Regierender nur an die Machterhaltung denkt.

Das ist ja nicht nur in Diktaturen so. Auch in Demokratien bleibt letztlich nur die Machterhaltung übrig. François Mitterand etwa…

…und Tony Blair und Helmut Kohl. Sehen Sie: alle tun es. Die Frage ist mehr die Art und Weise, wie sie es tun. Bei Bill Clinton fühlte es sich für die Leute einfach angenehmer an als bei einem wie Dick Cheney. Bei Clinton fühlten sich die Leute verstanden, Cheney braucht keine Leute. Und wir sollten uns nicht in das Leben anderer einmischen. Wir sollten nicht im Irak sein, weil wir dort nicht hingehören.

Als nichtamerikanischer Bürger halte ich mich jetzt zurück mit einem Kommentar…

…dann tue ich es als US-Bürger. Wir sollten die Finger davon lassen, allen Menschen die Demokratie aufzuzwingen. Irak kennt die Demokratie nicht. Und wenn Menschen Demokratie wollen, dann holen sie sie sich selbst. Demokratie wird nicht gebracht, sie wird genommen. Zudem haben viele Demokratien

heute mit der ursprünglichen und grossartigen Idee nichts mehr zu tun.

Demokratie muss auch gelernt sein.

Genau. Im Irak müssten die verschiedenen religiösen Gruppierungen ihr Zusammenleben koordinieren. Aber die Geschichte will, dass sie sich gegenseitig dominieren. Ein unwirtlicherer Platz für Demokratie lässt sich wirklich nicht finden. Im 18. Jahrhundert wurde Amerika von Leuten besiedelt, die nicht das europäische Weltbild ihres Heimatlandes verteidigen wollten, sondern an einem neuen Ort ein neues Zusammenleben suchten. Sie wollten Amerikaner sein, das war ihre gemeinsame Basis. Dieses Vereinigungsgefühl existiert im Irak nicht. Tito hielt Jugoslawien zusammen. Nach seinem Tod begann das Chaos. Im Irak dachte man, die Lösung sei einfach und man müsse bloss Saddam Hussein eliminieren. Das Resultat ist dasselbe wie in Jugoslawien.

Das Tragische ist: all diese Erkenntnisse lassen sich in Büchern nachlesen. Dass die US-Regierung dies ausser acht lässt…

Unglaublich, nicht wahr? Ich habe in den siebziger Jahren, als wir Szenen für «The Exorcist» drehten, drei Monate im Irak gelebt. Wunderbares Leben, wunderbare Menschen. Dieses Volk hat mir ein Leben aufgezeigt, das meines nachhaltig veränderte. Die Wärme, die Rücksicht, das Miteinander…dies alles ist nun einfach weg. Und man kann es nicht