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das kulturelle überformat
Nr. 2 / 26. Februar 2007
#Porträt
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dossier: Nick Cave
Porträt

Unberechenbar ist nur die Heftigkeit, die Cave seiner Mischung aus Blues, Rock und Chanson verleiht. Was nicht heissen will, dass ihm keine tollen Platten  mehr gelängen – nur leben sie mehr von ihrem Wiedererkennungswert als von einer Innovationskraft. Zudem gehört die wunderbare Bedrohlichkeit von Stücken wie «Tupelo» (1985) oder «Red Right Hand» (1993) längst der Vergangenheit an.

Der grösste Fortschritt in Caves Musik besteht darin, dass Cave mit den Jahren wirklich singen gelernt hat. Beim Krach der Birthday Party reichte es noch, dass er seine zornigen Strophen mit dem Elan eines Iggy Pop von der Bühne brüllte, aber bis er die grossen Gefühle gemeistert hatte, die ab 1984 im Zentrum der Arbeit mit den Bad Seeds standen, dauerte es Jahrzehnte. Anstatt wie auf «From Her To Eternity» (1984) knapp an der Melodie vorbeizudröhnen, ist Cave spätestens seit «No More Shall We Part» (2001) ein fesselnder Geschichtenerzähler, dessen schrittsichere Intonation beinah so viel Emotion transportiert wie seine literarisch hoch stehenden Songtexte.

Problematisch für seine Weiterentwicklung ist nur, dass Cave im Studio und auf der Bühne auf die immer gleiche Schar von Musikern zurückgreift. Die lieferte auch das personelle Rückgrat bei seiner Produktionsarbeit an Marianne Faithfulls «Before The Poison» (2005) und degradierte das Album zu einer Bad-Seeds-Platte mit anderem vokalen Vorzeichen. Sogar Caves neues Projekt Grinderman setzt sich aus den alten Bekannten Warren Ellis, Martyn P. Casey und Jim Sclavunos  zusammen, die seit Mitte der neunziger Jahre alle den Bad Seeds angehören, und die Kernbesetzung der Band geht auf die Jahre 1984/1985 zurück.

Von der Birthday Party übernahm Cave seinen alten Schulfreund Mick Harvey als Schlagzeuger, mit Blixa Bargeld von Einstürzende Neubauten an der Gitarre sicherte er sich eine Ikone der Berliner Post-Punk-Szene, die es immerhin neunzehn Jahre bei den Bad