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das kulturelle überformat
Nr. 2 / 26. Februar 2007
#Porträt
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dossier: Nick Cave
Porträt

Nick Cave soll ihr mal den Rat gegeben haben, immer wieder Neues zu versuchen, dabei aber die eigene Identität nie aus den Augen zu verlieren. Und in der Musik immer ehrlich zu sein. Das behauptete Kylie Minogue unlängst, und ihr Duettpartner bei «Where The Wild Roses Grow» scheint den eigenen Ratschlag zur Arbeitsmaxime gemacht zu haben: dem reichen Kanon zum Trotz ist Nick Caves Operationsbereich doch ein enger geblieben.
Inhaltlich geht es in seinen Totschläger-Balladen immer um Schuld und Sühne, um Religion und Moral, Rache und Reue, kurz: um die Abgründe der menschlichen Existenz und die Flüchtigkeit des Glücks. Zugegeben, das sind Kernthemen jedes kreativen Geistes mit intellektuellem Anspruch. Allerdings sucht Cave schon lange keine neuen Wege mehr, um die persönlichen Obsessionen auszuloten. Veränderung ist seine Sache nicht, vielmehr strebt er danach, seine Sprache und sein Sound zu verfeinern und zu verbessern.

Bis heute hört man ihm den Einfluss seiner Heroen Johnny Cash und Leonard Cohen an. Dass er die LPs dieser Veteranen Mitte der achtziger Jahre aufgriff, das hatte damals etwas Radikales an sich: Cash und Cohen galten lange als Persona non grata und wenn die Ex-Punks ihre Platten überhaupt noch hörten dann nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den eigenen vier Wänden. Nicht umsonst ist Caves kurze Zeit als DJ in Berlin, wo er die Tanzflächen mit Cohen und Cash leer zu fegen pflegte, Bestand einer Legende. Inzwischen sind die einst Verpönten längst als Musiker rehabilitiert und gehören für jeden anspruchsvollen Musikfan zum Pflichtprogramm, während Cave der ersehnte Status eines Klassikers versagt geblieben ist. Seine Vorbilder haben ihn überrundet.

Das liegt nicht etwa an einer Qualitätsschwäche, sondern an Caves mangelnder Risikobereitschaft. Seine Musik überrascht schon lange nicht mehr. Bereits vor der Veröffentlichung kann man sich sicher sein, was einem auf einem neuen Album erwartet.