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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Porträt Tony Wilson
  8/9
dossier: Factory Records
Porträt Tony Wilson

für ihr zweites Album schreiben. Das haben sie dann halt nicht gemacht, jetzt stecken sie in der Scheisse. So habe ich dann nachgesinnt und nachgesinnt. Soll ich Raw-T unter Vertrag nehmen? Wo schwarze Bands aus Manchester doch diese Tradition von Fuck-ups haben? Am nächsten Tag ist Yvette zum Lunch erschienen und sie sagte: erstens kaufe ich Dir auf Weihnachten einen Hund, und zweitens musst Du Raw-T unter Vertrag nehmen.

Sie sind ganz offensichtlich ganz der alte Musikfan geblieben!

Absolut richtig! Das bringt das Plattenlabel mit sich. Es entsteht eine Freundschaft mit den Bands. Ein Job des Labels ist es, die Bands in die Richtung guter Kollaborateure zu lenken. Produzenten, Mitmusiker, Koautoren, Grafiker und all die anderen. Wir können auf ein paar tolle Erfolge auf dieser Ebene zurückblicken. Sechs Monate lang haben Tom und ich in Los Angeles auf New Order eingeredet, dass sie endlich einen Produzenten herbeiziehen sollten. «Wir brauchen keinen fucking Produzenten, wir haben soeben die meisten fucking Singles auf der ganzen fucking Welt verkauft, wir brauchen niemanden», kam es zurück. Aber mit der Zeit gaben sie klein bei. Wir sagten immer: bei Factory habt ihr alle Freiheiten, ihr könnt tun und lassen was ihr wollt, aber dafür dürfen wir rumschreien, meckern und keifen. Nachdem wir das genug lang getan hatten, akzeptierten sie, dass wir Stephen Hague engagierten. Das Resultat war

«True Faith», ein weiterer Quantensprung. Wir haben allerdings auch grässliche Fehler gemacht. Chris Frantz und Tina Weymouth von The Talking Heads – wunderbare Menschen, aber völlig falsch für die Happy Mondays.

Bereuen Sie die überrissenen Lobeshymnen auf Mondays-Sänger Shaun Ryder und seine Texte?

Aber überhaupt nicht! Menschen, die Rock’n’Roll-Texte zu schätzen wissen, sind mit mir der Überzeugung, dass Shaun einer der grössten Texter aller Zeiten ist.

Sind Shaun und die Happy Mondays nicht auch ein Beispiel dafür, warum die Arbeit eines Managers und eines Labels so undankbar ist? Man hilft jemandem, baut sie auf – und dann explodieren sie und alles war für die Katz.

Das stimmt doch gar nicht! Was stimmt: Leute wie ich lagen völlig falsch. Ich habe damals, als Shaun mit Crack anfing, gedacht, das sei sein Ende. Ich, Mondays-Manager Nathan Gough, Howard Thompson von Elektra Records – alle, die mit den Mondays zu tun hatten, lagen daneben. Zwei Jahre später hörten wir die ersten zwei Tracks von Black Grape. Und wir dachten – fucking hell – wie kann man nur so falsch liegen? Danach hörte man wieder eine Weile nichts. Glaubte, jetzt ist’s echt vorbei und man hört auch, dass Shauns Album, das er in Australien aufgenommen hat, schlecht sein