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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Manchester
  6/9
dossier: Factory Records
Manchester

so verladen, dass er keinen Ton traf. Und die Bar für die Journalisten funktionierte derart langsam, dass sie letztlich gestürmt wurde und um vier Uhr bereits leer gesoffen war. Die Reise machte mir allerdings eines sonnenklar, nämlich warum Manchester ein so fruchtbares Pflaster für gute Musik ist. Es ist ein altes Klischee, selten auf Grossstädte, meistens auf langweilige Provinzkaffs angewandt: Manchester war als Stadt so marod, so trostlos und ohne Charme, dass als Ausweg nur die Musik blieb. Man stelle sich all die berühmten englischen Filme vor, die in den sechziger Jahren so bestürzend die Not der englischen Unterklassen zu Tage, oder wenigstens auf die Kinoleinwand, beförderten: sie alle hätten im Manchester der Achtziger nochmals gedreht werden können, ohne dass man hätte besondere Kulissen einrichten müssen.

Die Leute indes, die in Manchester wohnten, vor allem auch die vielen Studenten, sahen das anders. Rohan Heath zum Beispiel, ein Londoner, der nach Manchester gezogen war, um Käfer zu studieren und nach einer unglücklichen Liebesgeschichte auf die Musik umsattelte (A Guy Called Gerald, Urban Cookie Collective u.a.). Am Anfang habe er sich schwer getan mit der Stadt, in der es als Aussenseiter mangels offensichtlicher Anlaufstellen wie Klubs und Bars nicht leicht war, sich zu orientieren. Aber als er quasi den Schlüssel gefunden hätte, habe er die Offenheit und Ehrlichkeit, dazu die Improvisationsgabe von Manchester sehr zu schätzen gelernt. Im New Musical Express vom 2. Dezember 1989, also in der Blütezeit von Stone Roses und Happy Mondays, wurden allerhand prominente Mancunians gefragt, was sie an der Stadt – damals hiess sie überall «Madchester» – als so speziell empfanden. Hier einige Antworten:

 

 

 

 

 

«Die Gastfreundschaft Immigranten gegenüber.»
Tony Wilson, Factory Records

«Es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit elektrisch geladen und nervös, ohne dass man es nicht mehr aushalten könnte.»Mark E. Smith (The Fall)



«Es gibt keine Cockneys!»
Peter Hook (Joy Division, New Order)


«Es ist weit weg von London.»
Kevin Kennedy (Schauspieler)

«Die Menschen.»
Graham Gouldman (10 CC)