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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Joy Division
  5/7
dossier: Factory Records
Joy Division

Sumners brüchigen Gitarren, Peter Hooks vordergründigen Basslinien und Stephen Morris’ gleichförmigen Schlagzeugpatterns weite Hallräume, kollabierende Echoeffekte und klagende Synthesizerfanfaren hinzumischte, erhob er die skizzenhaften Songs zu düsteren Schnappschüssen des industriellen und gesellschaftlichen Niedergangs.
 
Diese Alptraummusik wurde vom anspruchsvollen Rock-Publikum mit offenen Armen aufgenommen. Die 10’000 Stück starke Erstauflage von «Unknown Pleasures» war schnell ausverkauft, was für ein kleines unabhängiges Label wie Factory Records ein erstaunlicher Erfolg war. Der Mitbegründer Tony Wilson sah sich gezwungen, das Label von einem Hobby zum richtigen Unternehmen auszubauen. Dank Wilsons schlauen Selbstinszenierungen, einem avantgardistisch ausgerichteten Künstlerstamm (Cabaret Voltaire, A Certain Ratio) und der intellektuell ansprechenden Präsentation von Factory als lebendiges Gesamtkunstwerk wurde das Label zum Schaufenster für die ganze Szene in Manchester. In dieser Anfangszeit begann das heutige Renommee der Stadt als Musikmetropole zu wachsen. Das war nämlich nicht immer so.

Ende der siebziger Jahre war die britische Musikszene so stark auf London ausgerichtet, dass Bands und Szenen, die ausserhalb der Hauptstadt entstanden, als provinziell belächelt wurden. Wie das Two-Tone-Label, das von Coventry aus ein globales Ska-Revival auslöste, kämpfte Factory gegen das Londoner Medien- und Musikmonopol – und führte diesen Kampf bis zum Firmenkollaps 1992 fort.