Joy Division

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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Joy Division
  4/7
dossier: Factory Records
Joy Division

Curtis war aber kein selbstverliebter Jammerer, sondern ein wacher Zeitzeuge, der sein Umfeld aus der Warte eines Science-fiction-Autors futuristisch ausleuchtete. Kein Zufall, dass die postapokalyptischen Romane von J. G. Ballard («Crash») zu seiner Lieblingslektüre gehörten. Über den literarischen Wert von Curtis’ Texten scheiden sich die Geister. Klar ist aber, dass Joy Divisions karge Schattenspiele den Nerv der Zeit trafen – und der lag Ende der siebziger Jahre nirgends so blank wie in Manchester.

Der sozialistische Traum, an dem England seit dem Zweiten Weltkrieg festgehalten hatte, war damals am Verblassen, und mit der Wahl der konservativen Margaret Thatcher zur britischen Premierministerin brach 1979 eine Ära des Abbaus und der Desillusion ein. Tausende Jobs waren in Manchester seit den Sechzigern verloren gegangen. Die darauf folgende Abwanderung von Firmen und Familien aus der einst stolzen Industriemetropole hatte ein soziales Vakuum hinterlassen, das vom Polizeichef James Anderton mit eiserner Faust verwaltet wurde: wer jung und spät auf den Strassen von Manchester unterwegs war, so der britische Journalist Jon Savage, musste damit rechnen, angehalten und durchsucht zu werden. Die Paranoia sei eine unausweichliche Grundhaltung gewesen.

Joy Division lieferten mit ihren Alben «Unknown Pleasures» (1979) und «Closer» (1980) die dazu passende Musik. Live, das zeigen die postum veröffentlichten Konzertmitschnitte, klang die Band etwas gewöhnlich, aber unter der Regie ihres Produzenten Martin Hannett entstand der Sound, der Joy Division berühmt machte. Indem Hannett Bernard