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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Hintergrund
  8/20
dossier: Reggae
Hintergrund

Villa samt gigantischem Swimmingpool der Stadt vermacht, als er zurück nach England zog. Jetzt war es eine Hochburg des Ska. Die Fans erschienen beim Einbruch der Nacht, stürzten sich in den Pool und genossen danach die Musik. Im Juni 1964 geschah das Ereignis, das die jamaikanische Musikkultur – ja, Jamaika überhaupt – auf den Kopf stellen sollte: eine lockere Gruppe von Studiomusikern formierte offiziell eine Band namens The Skatalites. Jackie Mittoo spielte Piano und Hammond, Ernest Ranglin, Jerome Hinds (aka Jah Jerry) und Harold McKenzie Gitarre, Lloyd Knibbs Drums, Lloyd Brevett Bass – dazu kam eine Bläsersektion mit Tommy McCook, Roland Alphons und Lester Sterling (Sax), Johnny Moore (Trompete) und vor allem dem genialischen Don Drummond an der Posaune.

Genug Selbstvertrauen

Die Band entstand unabhängig von den bestehenden Studios und heuerte anfangs selber ihre Sänger an – Doreen Schaeffer etwa, oder Lord Tanamo und Jackie Opel. «Es war grossartig – unglaublich aufregend, was die Skatalites zeigten», erinnert sich Bob Andy. «Es war das erste Mal, dass ich eine jamaikanische Band sah, die zwar auch einen Big-Band-Sound hatte, aber keiner klingen wollte wie Charlie Parker, Miles Davis oder Louis Armstrong. Diese Typen hatten genug Selbstvertrauen, den persönlichen Ausdruck zu suchen. Sie wussten, welche Stimmung sie erzeugen wollten, und sie wussten, dass sie die technischen Fähigkeiten hatten, dies auch zu tun. Es war ein Schock für mich, zu sehen, dass Menschen aus meiner Nachbarschaft sowas zustande brachten. Dass sie dort auf der Bühne stehen konnten und diese herrliche Musik machten! Und auf einmal legte einer mit einem Solo los – zehn, fünfzehn Minuten lang liess er seiner Fantasie freien Lauf – und  man konnte gar nicht aufhören zu tanzen. Es war ein überwältigendes, unbeschreiblich intensives Erlebnis.»