Haile Selassie
© G. Eric and Edith Matson
Photograph Collection

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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Hintergrund
  13/20
dossier: Reggae
Hintergrund

konnten, die man ihnen vorsetzte – besonders dann, wenn sie keinen neuen Riddim einzustudieren brauchten, sondern sich bloss eine leichte Variation zu einem alten Riddim vom Studio One einfallen lassen mussten. Noch ein Phänomen trat in jenen Jahren auf, das mithalf, aus dem simplen wenn auch leicht exotischen Musikstil Ska ein Sprachrohr zu machen, dass noch vierzig Jahre später auf der ganzen Welt von immer wieder neuen Generationen für die eigenen Zwecke entdeckt wird: der Aufstieg des Rastatums als wegweisende Lebensphilosophie von Trenchtown. Die Rasta-Doktrin entstand in den dreissiger Jahren in Jamaika und brachte eine neue Bibelinterpretation hervor, in welcher Haile Selassie I als die Stimme Gottes auf Erden erachtet wurde – eine Interpretation, welche teils aus der politischen Hochachtung vor dem damals einzigen Herrscher eines freien afrikanischen Staates erwuchs. Auch die Schriften des jamaikanischen Sozialtheoretikers Marcus Garvey, der daraufhin arbeitete, die Bevölkerung der West Indies mit dem «Black Star Liner» in ihre wahre Heimat Afrika zurück zu bringen, taten das ihre zu dieser Bewegung.

In den Sechzigern, in denen in den USA die schwarze Völkerrechtsbewegung hohe Welle warf, grosse Erfolge verbuchte und sich zudem in vielen Liedertexten niederschlug, passten die Rastas perfekt in den jamaikanischen Zeitgeist. Ein Staatsbesuch von Haile Selassie in Jamaika im April 1966 verhalf den Rastas zudem zu weiterer Publicity. Für viele Rude Boys, aber auch für viele christlich gesinnte junge Jamaikaner, welche die angestammte Kirche nun mit den abgewanderten Briten gleichsetzte, bedeutete das Rastatum eine unwiderstehliche Verlockung. Gerade