Island Records sah es bestimmt nicht ungern, dass eine Band mit drei Köpfen zu einer Band mit einem einzigen, sofort identifizierbaren Charaktergesicht samt Löwenmähne geschrumpft war. Weniger war in diesem Fall zumindest in Sachen Publicity sehr viel mehr. Ohne die oft grimmig dreinblickenden Tosh und Livingston, dafür mit dem emsig fiependen Damen-Gesangstrio I-Threes, war Marley mit seinen eingängigen Völkerrechtsslogans und mysteriösen Rasta-Sprüchen, ganz zu schweigen von seinem Charme, eine äusserst süffige Bezugsperson.
Marley war der beste Botschafter, den Jamaika je haben konnte. Auch das Timing von ihm und Island Records war perfekt. Viele Rockfans – vor allem liberale Rockfans mit avantgardistischen Tendenzen – waren Mitte der siebziger Jahre stark frustriert: die Musikszene war ganz im Griff der grossen Plattenmultis, und diese förderten mit brachialer Gewalt profitträchtige Stadionrock-Bands, harmlose Singer/Songwriter, schmalzigen Soul oder Bands wie Abba. Island Records andererseits erfreute sich als unabhängiges Label ganz nach dem Geschmack von Chris Blackwell weithin grösster Bewunderung für seine Förderung von abseitigen Talenten und Neuerern wie Roxy Music, John Martyn oder Free.
Für dieses Publikum war Marley und sein Rastafariertum eine genauso willkommene Erfrischung wie Punk. In einer Zeit, in der zudem viele Jugendliche das Gefühl hatten, der europäischen Kultur gingen die spirituellen Werte verloren, suggerierten die Platten von Bob Marley einen direkten Draht zu einer vagen Art von Mystik und zu einer exotischen Welt, in der die Urkraft «Hunger» noch Teil der täglichen Realitäten war. Derweil Marley Jamaika zu einem weltweiten Sprachrohr verhalf, schenkte er seinem europäischen Publikum die Illusion, sie ein kleines bisschen näher ans Menschsein ohne die Verklemmtheiten des modernen Alltages heranrücken zu lassen. Diesem Publikum wurde Bob Marley & The Wailers zur Musik gewordenen Naturheilquelle.