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das kulturelle überformat
Nr. 29 / 21. Dezember 2009
#Roberto Bolaño und David Foster Wallace
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dossier: Vom Lesen danach
Roberto Bolaño und David Foster Wallace

Zum Glück ist dieser Joycesche Widerstand der Sprache, sich partout nicht in eine andere übertragen zu wollen, im Falle von Roberto Bolaño nicht gegeben. Bei David Foster Wallace brauchte es allerdings schon eine fast unmenschliche Leistung eines Übersetzers, um diesen aus scheinbar Milliarden von Wörtern bestehenden literarischen Urknall zu dechiffrieren.

Beides sind sie im wahrsten Sinne des Wortes gewichtig: «2666» ist 1'200 Seiten dick, «Unendlicher Spass» gar 1'500 Seiten. Und beide stehen sie für den Kulminationspunkt des jeweiligen Gesamtwerkes der beiden Autoren, als ein Teil einer grossen Vision, eines Dranges, anhand von Literatur die Welt erklären zu wollen. «Gut zu schreiben», sagte Bolaño einmal, «bedeutet, dass man fähig ist, seinen Kopf ins Dunkel zu stecken, ins Leere zu springen.» Literatur, so Bolaño weiter, sei ein gefährlicher Beruf. Der Autor setzt sich aufs Spiel, um an jenen Punkt vorzustossen, an dem er die Antworten auf seine Fragen zu finden hofft. Beide – Bolaño und Wallace – bezahlten diese Suche letztlich mit dem Leben. Beim Chilenen war es die Leber, die nicht mehr wollte. Bei Wallace, seit Kindheit schwer depressiv, war es der Wunsch, sich vom Dämonen zu befreien: glücklich verheiratet, setzte er nach Jahrzehnten medikamentöser Behandlung seine Antidepressiva ab. Die gefundene Liebe seines Lebens, so dachte er, würde ihm genügend Licht in der Finsternis der Erkenntnis verschaffen. Wallace hatte sich getäuscht. Als seine Frau am 12. September 2008 nur kurz wegging, um ein paar Besorgungen zu machen, hat er sich erhängt.